Martin Feldstein, in den 1980er Jahren einer der Top-Berater des damaligen amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan, sieht eine schwere Rezession auf die USA entweder noch dieses Jahr oder spätestens 2020 heraufdämmern. Dazu kommt sein Befund: "Die US-Regierung ist auf eine Rezession überhaupt nicht vorbereitet." Das sagte er auf einem Event des Fachmagazins "Institutional Money" Ende Februar in Frankfurt.

Zwar habe die Administration von Donald Trump Ende 2017 die wichtigste Steuerreform seit 1986 geliefert, den Steuersatz für Unternehmensgewinne von 35 auf 21 Prozent gesenkt, den Firmen hundertprozentige Abschreibungsmöglichkeiten im Investitionsjahr eingeräumt, worauf Profitabilität, Produktivität und Reallöhne gestiegen seien. Dazu komme noch die Repatriierung von im Ausland angefallenen Unternehmensgewinnen der US-Konzerne ohne Steuerzuschläge. Aber die andere Seite der Medaille seien horrende Kosten für den Staatshaushalt und damit für die Staatsschuldenquote, die nach Feldsteins fester Überzeugung über kurz oder lang aus dem Ruder laufen werden. 

Militärausgaben lasten auf Haushalt
Das Congressional Budget Office (CBO) als Wächter über die Budgetlage rechnet noch mit 70 bis 100 Prozent Staatsschuldenquote in zehn Jahren und erwartet, dass die Verteidigungsausgaben von vier auf zwei Prozent des BIP zurückgehen werden und das Budgetdefizit bei fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen wird. Dies ist laut Feldstein allerdings nicht darstellbar, da die Aufwendungen für die Landesverteidigung wegen des Modernisierungsbedarfs des militärischen Geräts allein schon bei vier Prozent des BIP bleiben werden.

Zudem werden die Demokraten darauf bestehen, dass auch die Sozialausgaben nicht gekürzt werden, sodass der Harvard-Ökonom mit einem Budgetabgang von vielmehr neun Prozent p.a. rechnet. Feldstein dazu: "Ich erwarte die US-Staatsschuldenquote bald bei 125 Prozent vom BIP. Dann werden die Zinsen zu steigen beginnen, die Refinanzierung der Schulden wird teurer, die Staatsschuldenquote weiter steigen und die Regierung wird vor ihrem wichtigsten Problem stehen!"  Wie kommt Feldstein auf den Wert von 125 Prozent Verschuldungsquote? Er wies darauf hin, dass sich die Staatsschuldenquote langfristig dem Quotienten aus Budgetdefizit und nominalem Wirtschaftswachstum annähert. Das würde bei einem offiziell projektierten Abgang von fünf Prozent p.a., zwei Prozent realem Wirtschaftswachstum und zwei Prozent Inflation einer Staatsschuldenquote von 125 Prozent entsprechen. 

Um dem entgegenzuwirken, verblieben ein paar Stellschrauben wie ein verspäteter regulärer Alterspensionsantritt ("full benefits"). "Das letzte Mal wurde die Altersgrenze von 65 auf 67 Jahre unter Reagan angehoben. Das Pensionsalter müsste mit langsamen Einschleifregelungen nun von 67 auf 70 Jahre ansteigen, damit die Zunahme der Lebenserwartung widerspiegeln und künftig an diese gebunden werden", meint Feldstein. Das werde den Mittelstand besonders treffen. Er rechnet aber damit, dass sich eine solche Maßnahme umsetzen lässt.

Die US-Notenbank hätte die Leitzinsen wie in den vergangenen Zyklen früher und insgesamt kräftiger auf zirka fünf Prozent erhöhen sollen, nun sei die Lage zu fragil. Somit habe die Fed in der nächsten Rezession nicht genügend Feuerkraft. Feldstein: "Die kommende Rezession wird wohl einen tieferen Einschnitt bedeuten und auch länger dauern."

Handelsstreit könnte beigelegt werden
Das Ökonomen-Urgestein sieht aber nicht durchgängig schwarz. Feldstein erwartet, dass es bald zu einer temporären Einigung zwischen Trump und Xi in der Zollfrage kommen werde, aber das wesentliche Problem sei damit keineswegs aus der Welt geschafft: "Es geht um den Diebstahl geistigen Eigentums bei Joint-Ventures in China sowie um Wirtschaftsspionage gegen US-Firmen, die früher das chinesische Militär lancierte und jetzt von Staatsunternehmen durchgeführt werden."

China bewege sich in dieser Frage überhaupt nicht, und Zusagen, mehr Gas und Soja aus den USA zu importieren, hülfen hier nicht weiter, sondern gingen am Thema vorbei. "Trump ist hier schon in die Knie gegangen oder zumindest schlecht beraten", analysiert Martin Feldstein trefflich zum Schluss seines Vortrags.

Die Frage aus dem Publikum, ob die USA auf dem Weg dazu sei, ein zweites Italien zu werden, bejahte Feldstein beim anschließenden Q&A. (kb)