Der Mensch irrt bekanntlich – auch als Anleger. Von allen Fehlern, die Renditesucher machen können, ist der sogenannte "Home Bias" der wahrscheinlich am weitesten verbreitete. Umsichtige Berater geben zwar Kunden die Empfehlung, bei der Asset Allocation über den heimischen Tellerrand zu blicken und sich Renditechancen – beispielsweise in den wachstumsstarken Schwellenländern – nicht entgehen zu lassen. Dennoch scheint gegen den Satz "Zuhaus' kenne ich mich aus" kein Kraut gewachsen zu sein. Unbewusst häufen Renditesucher über diesen "Home Bias" riskante Klumpenrisiken an. Von einer ausgewogenen Streuung jedenfalls kann häufig keine Rede sein.

Übertriebene Heimatverbundenheit ist dabei kein typisch deutsches oder österreichisches, sondern ein globales Phänomen. Denn dass Franzosen, Amerikaner, Japaner, Spanier oder Briten weltoffener investieren, ist eine Mär, die bereits von etlichen Privatanlegerdepot-Untersuchungen entzaubert wurde. Aktuelle Daten des Investment Company Institute (ICI), einem anbieterübergreifenden Asset-Management-Verband, vom September dieses Jahres zeigen zudem, dass nicht nur Anlager-Amateure, sondern auch professionelle Fondsmanager häufig dem "Home Bias" erliegen: Demnach investieren amerikanische Aktienfonds fast dreimal so viele Gelder in US-Aktien als in globale Papiere.

Überwiegend psychologische Hemmschwellen und steuerliche Gründe
Die Analysten der Credit Suisse (CS) sind in einer Studie nun den Ursachen für diese riskante Heimatverbundenheit auf den Grund gegangen. Eine große Rolle spielt demnach die Informations-Asymmetrie. So sei es beispielsweise für Schweizer Anleger trotz Internet schwieriger, über amerikanische Unternehmen Informationen zu erhalten als für US-Anleger, da sie nicht vor Ort sind. Hinzu kämen mögliche Unterschiede bei der Regulierung und in der Rechnungslegung sowie Sprachbarrieren, die die Informationskosten erhöhen können.

Ein weiteres Problem beim Investieren im Ausland sind laut der CS-Expertise steuerliche Hürden. Viele Staaten besteuerten beispielsweise Dividenden- oder Kapitalerträge von ausländischen Investoren mit höheren Sätzen. Einige Länder wie Australien gewähren heimischen Investoren laut der CS-Studie sogar Steuerermäßigungen auf Dividendenzahlungen von australischen Unternehmen, aber nicht von ausländischen.

An Börsen kleinerer und weniger entwickelter Länder sind zudem die Transaktionskosten und die Geld-Brief-Spannen oft höher als auf den Finanzmärkten der Industrieländer, was ein zusätzliches Hindernis sein kann. Auch die Unterschiede bei den Inflationsraten und Währungseffekte, die an der Rendite ausländischer Investments nagen können, sind mentale Hürden, die viele Investoren dann eben doch lieber zu heimischen Titel greifen lassen.

In Maßen kann es Sinn machen, Inlandspapiere zu bevorzugen. Aber nur, wenn auch fundamental alles für sie spricht. In der Ernährung wie beim Depotaufbau gilt: Zuviel Hausmannskost ist unbekömmlich. Einen kleinen Trost für allzu deutschlandverliebte Anleger gibt es aber: Weil Dax-Unternehmen inzwischen im Schnitt zwei Drittel ihres Umsatzes im Ausland erzielen, hat die "Home Bias"-Gefahr hier etwas an Schärfe verloren. Anders ausgedrückt: Ein überwiegend mit Dax-Unternehmen bestücktes Aktienportfolio ist quasi von Hause aus mit einer guten Portion internationalem Flair ausgestattet. (ps)