Der US-Dollar gilt allgemein als sicherer Hafen für Investoren. Wann immer die Weltwirtschaft kriselt, erstarkt der Greenback. Doch das Finanzmarktbeben Anfang August hat nach Meinung von Tilmann Galler, Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management, einen ersten Hinweis darauf gegeben, dass der US-Dollar in der nächsten Krise nicht zwangsläufig aufwerten wird. Das ist auch für US-Aktien-lastige Portfolios relevant.

Im August-Schock schwächelte der Dollar
Bei seiner Einschätzung verweist Galler auf Japan: Anfang August verloren japanische Aktien massiv an Wert, nachdem der japanische Yen aufgrund der überraschenden Zinserhöhung der Bank of Japan und aufkeimender US-Rezessionsängste deutlich an Wert gewonnen hatte. Die Turbulenzen rissen weltweit die Aktienmärkte mit nach unten. "In dieser Phase der Risikoaversion ist der US-Dollar schwächer geworden und nicht stärker, wie man hätte erwarten können", erklärt Galler.

Die Ursache der Turbulenzen lag im Abbau der sogenannten Carry Trades. Dabei werden klassischerweise Investments in einer Hochzinswährung mit Kapital oder Kredit aus einer Niedrigzinswährung finanziert. "Der wachsende Zinsvorsprung des US-Dollarraumes gegenüber Japan hat den US-Dollar in den letzten Jahren zu einem bevorzugten Investmentziel für den Carry Trade werden lassen. Das Gesamtvolumen von Yen-finanzierten Auslandsinvestments wird auf vier Billionen US-Dollar geschätzt, ein signifikanter Anteil davon in US-Aktien und -Anleihen. Das birgt Risiken für den Außenwert der US-Währung", führt Galler aus.

Zinsvorsprung des Dollarraums schrumpft
Auf der Zinsseite beginne sich nun das Blatt aber zu wenden. "Die Bank of Japan erhöht die Zinsen, während die Federal Reserve auf Zinssenkungen umschwenkt – der US-Zinsvorsprung beginnt zu schrumpfen. Dieser Trend würde sich sogar noch beschleunigen, sollte die US-Wirtschaft in den kommenden Quartalen in eine Rezession abrutschen", sagt der Kapitalmarktexperte. In diesem Szenario wären kräftige Leitzinssenkungen der Federal Reserve die Folge. "Der globale Carry Trade würde wahrscheinlich implodieren und zu Verkäufen im US-Dollar führen", so Galler weiter. Ob die Käufe der nach einem sicheren Hafen suchenden Investoren ausreichen würden, um die Abflüsse zu kompensieren, sei mehr als fraglich. 

Durch die starke Wertentwicklung von US-Investments in den vergangenen zwölf Jahren sei in vielen Portfolios die US-Dollarposition zudem kräftig angewachsen. Der Anteil von US-Aktien im MSCI AC World Index beispielsweise ist laut Galler von 45 Prozent auf jetzt 65 Prozent gestiegen. "Da nun der US-Dollar langsam seine Funktion als sicherer Hafen einzubüßen scheint, ist es sinnvoll, einen Teil des Dollarrisikos durch den Einsatz von währungsgesicherten Strategien zu reduzieren", folgert Galler im Hinblick auf die Geldanlage. Die kommenden Zinssenkungen in den USA und das schrumpfende Zinsdifferential hätten auch den zusätzlichen Vorteil, dass die Kosten der Währungssicherung fielen. (jh)