Der nachhaltige Anlagemarkt in Österreich knackte im Jahr 2019 die 30 Milliarden-Euro-Marke und erreichte mit rund 30,1 Milliarden Euro einen neuen Rekord. Das zeigt der Marktbericht 2020, den das FNG – Forum Nachhaltige Geldanlagen soeben präsentiert hat. Sehr stark wurde laut dieser Erhebung die Welle im Vorjahr von den Privatanlegern getragen: Sie steigerten ihre Investments um 77 Prozent auf 6,75 Milliarden Euro.

Hintergrund seien die Green-Finance-Bestrebungen der EU, die mediale Berichterstattung darüber sowie Bewegungen wie Fridays for Future, die die Aufmerksamkeit auf das Thema richten, erklärt Wolfgang Pinner, stellvertretender FNG-Vorstandsvorsitzender und Leiter für Österreich. Damit steuerten Privatanleger im Vorjahr knapp 36 Prozent des Gesamtwachstums bei, obwohl sie nur rund ein Viertel der Nachhaltigkeitsinvestoren in Österreich ausmachen.

Institutionelle Investoren, die 75 Prozent der gesamten österreichischen nachhaltigen Geldanlagen halten, verleihen dem Trend ebenfalls unmissverständlichen Nachdruck: Ihr nach ESG-Kriterien veranlagtes Geldvermögen stieg um 31 Prozent auf über 20,4 Milliarden Euro.


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Vorsorgekassen sorgen für Dynamik in Österreich
Pinner verwies auch darauf, dass Nachhaltigkeit in Österreich mit über 15 Prozent aller Mandate und Fonds einen deutlich höheren Stellenwert hat als in Deutschland, wo der nachhaltige Marktanteil nur bei gut fünf Prozent liegt. Der deutsche Markt sei "noch nicht so dynamisch" so Pinner, der das wesentlich auf die "österreichische Besonderheit" der Vorsorgekassen zurückführt: Die Anbieter des 2002/2003 eingeführten Modells "Abfertigung neu" sind mit 56 Prozent mit Abstand die wichtigsten institutionellen Investoren im Nachhaltigkeitsbereich.

Der Grund für die Vorreiterrolle der Vorsorgekassen ist, dass sich die  ÖGUT-Nachhaltigkeitszertifizierung (Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik) über  den  Gesamtmarkt hinweg durchgesetzt hat. Unter den Vorsorgekassen habe es – befeuert durch die ÖGUT-Zertifizierung – ein Rennen um die beste Nachhaltigkeitsbewertung gegeben, was diese zu bedeutenden Akteuren Nachhaltiger Geldanlagen in Österreich macht.

Pensionskassen haben noch "großes Potenzial"
Im Unterschied zu den Vorsorgekassen, wo die Betriebe gesetzlich verpflichtend einzahlen, gibt es bei den Pensionskassen, die freiwillige Beiträge vereinnahmen, noch "großes Potenzial", wie Pinner sagt. Die Pensionskassen haben gegenüber den Vorsorgekassen traditionell stets auf eine größere Zahl an Assetklassen gesetzt. Darunter auch solche, die punkto Nachhaltigkeit schwieriger zu integrieren sind – etwa Hedgefonds. Doch auch hier tue sich punkto ESG-Integration einiges, weshalb Pinner Hoffnungen in den Pensionskassen-Sektor legt.

Die Pensionskassen nehmen derzeit als Nummer drei erst 7,5 Prozent am Nachhaltigkeitsmarkt ein. Der zweitwichtigste Player sind in Österreich übrigens mit weitem Abstand zu den Vorsorgekassen mit 23,5 Prozent die Versicherungen.

Ältestes SRI-Fondssiegel in Europa
Ein weiterer Grund für die vergleichsweise hohe Relevanz der Nachhaltigkeit in Österreich ist, dass bereits 2004 das Österreichische Umweltzeichen für Nachhaltige Finanzprodukte (UZ 49) eingeführt wurde. Es ist somit das älteste SRI-Fondssiegel in Europa. Nach aktuellem Stand sind über 130 Fonds mit dem Umweltzeichen zertifiziert.

Weiteren Rückenwind dürfte die Nachhaltige Geldanlage erhalten, wenn sich die ersten Studien bestätigen, die nachhaltigen Fonds eine höhere Krisenfestigkeit attestieren als ihren konventionellen Pendants, heißt es im FNG-Bericht So zeigt beispielsweise eine Analyse der Wertentwicklung von mehr als 2.000 Aktienfonds durch Scope Analysis, dass nachhaltige Aktienfonds im ersten Quartal 2020 in allen betrachteten Regionen – Global, Europa, Nordamerika und Schwellenländer – weniger an Wert verloren als ihre konventionellen Wettbewerber. (eml/bm)


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