Sein Ruf ist dahin: Der durch Manipulationen in Misskredit geratene Interbanken-Zinssatz Libor (London Interbank Offered Rate) soll bis Ende 2021 durch eine bessere Benchmark namens Sonia (Sterling Overnight Index Average) abgelöst werden. Das gab Andrew Bailey, Chef der britischen Börsenaufsicht FCA, bekannt. Damit läutet die FCA das Ende einer mehr als 30-jährigen Tradition ein.

Seit Januar 1986 wird der Libor an jedem Bankarbeitstag in London festgelegt. Als Referenzzins ist er unter anderem Basis für Bankgeschäfte und Finanzprodukte im Volumen von Hunderten Billionen Euro rund um den Globus, darunter auch milliardenschwere Unternehmer- und Verbraucherkredite. Zu seiner Berechnung melden die wichtigsten Geldhäuser jene Zinsen, die sie aktuell für Kredite ihrer Konkurrenten zahlen müssen, an eine zentrale Stelle bei der London Stock Exchange (LSE).

Bis zum Sommer 2012 ging alles gut, doch dann kochten Gerüchte hoch, wonach mehrere Zinshändler heimlich Absprachen getroffen und "falsche" Zinssätze gemeldet hatten, um den Libor in eine für sie günstige Richtung zu treiben. In Folge wurden mehrere Großbanken – darunter Barclays und die Deutsche Bank – zu teils saftigen Geldstrafen verurteilt und der LSE das Mandat als zentrale Erfassungsstelle für den Libor entzogen.

Fehlgeschlagene Rettungsversuche 
Doch das Misstrauen sitzt unverändert tief, zahlreiche Marktteilnehmer wandten sich vom Libor als Messgröße ab. Obwohl verschiedene Aufsichtsbehörden in den letzten Jahren versucht haben, den Libor durch eine neue Rechenmethode zu reformieren, hat der Mangel an Transaktionen die FCA nun dazu veranlasst, die altgediente Benchmark für Kredite und Geldmarktanlagen sowie als Basis von Swaps aufzugeben. Die Bank of England (BoE) hat bereits seit längerem nach alternativen Referenzinssätzen Ausschau gehalten und sich dafür entschieden, dass Sonia die beste Alternative zum Skandalzins Libor darstellt. 

Offene Fragen
Unklar ist bislang, was mit Finanzprodukten geschehen soll, die auf den Libor zurückgreifen. Obwohl beispielsweise bereits IRS (Interest Rate Swaps) auf Basis von Sonia handelbar sind, haben sie sich bis dato als nicht so liquide wie Libor-basierte Swaps herausgestellt. Hinzu kommt, dass Sonia-basierte IRS täglich abgerechnet werden, während Libor-basierte Swaps gemäß Konvention halbjährlich abzurechnen sind. Eine Frage für Anwälte ist ohnehin, was mit Verträgen passiert, die auf dem Libor fußen.

Die Panel-Banken können den Libor weiter täglich festsetzen, werden dazu aber nicht mehr von der FCA gezwungen. "Die Planung und die Überleitung müssen jetzt beginnen", mahnte FCA-Chef Andrew Bailey laut einem Bericht der Deutschen Presse-Agentur (DPA). Die an der Ermittlung des Zinssatzes beteiligten Banken hätten zugesichert, den Libor noch für eine Übergangsperiode bis Ende 2021 zu pflegen. Bis dahin sollten auch die offenen Fragen geklärt werden. (kb/ps)