Die Überprüfung der Bilanzqualität europäischer Banken durch die EZB ist in vollem Gang. Die Ergebnisse werden im Oktober erwartet und bis dato wisse niemand, wie streng die Linie der Währungshüter wohl sein würde, sagt Justin Bisseker. Der Analyst für europäische Banken beim britischen Vermögensverwalter Schroders geht von einem glaubwürdigen Prozess aus, schlicht weil es keine Alternative gebe: "Die Europäische Zentralbank hat nur diesen einen Versuch, bevor sie die Position als Europas führender Bankenregulierer übernimmt. Ein Fehltritt wäre da unglaublich peinlich."

Bisseker stimmt ein in den Chor derer, die mit der Überprüfung der Bilanzqualität und dem Stresstest den Beginn einer Konsolidierungswelle im europäischen Bankensektor sehen. "Es gibt Anzeichen", sagt er. "Viele Banken finden keinen Zugang zu neuen, unabhängigen Kapitalquellen oder aber die Regulierungsbehörden werten den aktuellen EZB-Prozess als frei Haus gelieferte Due Dilligence." Mit anderen Worten: Je strenger die Asset Quality Review der EZB ausfalle, desto größer die Anzahl der Banken, die den Stresstest nicht bestünden. Und damit würde natürlich die Wahrscheinlichkeit steigen, dass schwächere Banken von ihren stärkeren Wettbewerbern geschluckt würden.

"Für einige Banken könnte es schwer werden"
In einigen Märkten werde das Bankensystem laut Bisseker auch weiterhin von einer Kombination aus niedriger Profitabilität und hoher Fragmentierung geprägt sein. Beispiele seien vor allem Deutschland und Italien. In anderen Ländern wie Spanien gäbe es dagegen eine große Anzahl problematischer Assets, die nach höheren Rückstellungen verlangten. "Für einige Banken könnte es schwer werden, diese Rückstellung auf unabhängiger Basis zu bilden – besonders, wenn die Umsicht des Managements in Frage gestellt wird", so Bisseker. 

Es sei außerdem ein offenes Geheimnis, fährt er fort, dass die EZB gerne eine stärkere Integration innerhalb des europäischen Bankenmarktes sehen würde. Und eine solch verbesserte Fungibilität von Kapital und Liquidität innerhalb der Eurozone könnte ebenfalls die Übernahmeaktivitäten ankurbeln. Soweit zur Theorie, die Praxis sehe laut Bisseker ganz anders aus. Tatsächlich rechnet er nur mit vereinzelten Übernahmen. "Als Investoren mit Engagement im europäischen Bankensektor schreiten wir nur ganz behutsam voran. Es ist wahrscheinlich, dass die Aktien potenzieller Übernahmeziele stark unter Druck geraten werden, sollte die EZB-Überprüfung Lücken bei Rückstellungen oder der Kapitalausstattung ans Licht bringen." (dw)