Amerikas Zinsstrukturkurve ist derzeit in vieler Munde. Vor allem Börsenskeptiker meinen in ihr ein untrügliches Crashsignal erkennen zu können. Lukas Daalder hält dagegen. Zwar sei seit Mitte der 1970er Jahre allen Rezessionen eine Phase mit umgekehrter (respektive inverser) Zinsstrukturkurve vorausgegangen, bei der die Rendite zehnjähriger Papiere also niedriger war als die der zweijährigen Anleihen (siehe Grafik). "Doch für mich sprechen mehrere Gründe dafür, dass das ganze Thema um eine kurz bevorstehende Rezession völlig übertrieben ist“, so der Chefanlagestratege von Robeco. 

Erweitert man das Zeitfenster – zum Beispiel durch einen Wechsel von der Rendite zweijähriger Schatzanleihen zu einem Drei-Monats-Zinssatz – folgte auf eine umgekehrte Zinsstrukturkurve nicht zwingend eine Rezession. "Es ist somit klar, dass die Zinsstrukturkurve nicht immer als zuverlässiges Frühwarnsystem fungiert hat. Und es ist fraglich, ob sie in den heutigen Zeiten der Zentralbankinterventionen an den Anleihemärkten immer noch dasselbe Prognosepotential wie zuvor hat“, erklärt der Robeco-Stratege.

US-Zinsstrukturkurve und Rezessionsphasen: Böse Vorahnung?

Quelle: Robeco

Hinzu kommt: In den USA zeigen sich bei Verwendung von zweijährigen Anleihen oder Drei-Monats-Zinssätzen am kurzen Ende überhaupt keine Anzeichen für eine umgekehrte Zinsstrukturkurve.

Kein zwingender Rezessions-Vorbote
Doch selbst wenn es letztendlich zu einer Invertierung der Zinsstrukturkurve käme, bedeutet dies für Daalder keineswegs, dass eine Rezession vor der Tür steht. Denn historisch betrachtet habe es immer weitere 18 Monate gedauert, bis die Rezession einsetzte. "Angesichts der Tatsache, dass die Aktienkurse üblicherweise vier Monate vor einer Rezession zu sinken beginnen, wird klar, dass dies kein besonders zuverlässiges Verkaufssignal ist – jedenfalls jetzt nicht“, analysiert Daalder. (kb)