Anleger und ihre Berater sollten angesichts einer laut Robeco "erstaunlichen Selbstgefälligkeit" der Akteure am Rentenmarkt vorsichtiger werden. Robecos Credit-Team ortet an den globalen Anleihenmärkten zahlreiche Ungleichgewichte, die über Jahre fortbestehen und jederzeit zu einer Korrektur führen könnten.

Sorgen bereiten dem Team um Sander Bus und Viktor Verberk nicht nur die genannte Selbstgefälligkeit, sondern auch hohe Marktbewertungen, die ihrer Ansicht nach nicht mehr die Fundamentaldaten widerspiegeln. Eine Korrektur am Rentenmarkt könnte über steigende Renditen auch die Aktien und Immobilienmärkte unter Druck bringen. Zwar scheint es noch nicht zur befürchteten Wende zu kommen, Investoren sollten jedoch unerwartete Risiken vor allem im Zusammenhang mit China und den fallenden Rohstoffpreisen im Blick behalten.

Es gibt laut den beiden Robeco-Experten viele Quellen möglicher Ungleichgewichte an den globalen Finanzmärkten: Hierzu zählen disruptive Schritte der Notenbanken, ein nie zuvor dagewesenes Kreditwachstum in den Schwellenländern und noch einige mehr. Die Bewertungen riskanter Vermögenswerte liegen auf hohem Niveau. Doch Fakt sei: Tatsächlich können Märkte über Jahre hinweg in einem Zustand der Selbstgefälligkeit verharren. "Uns ist jedoch bewusst, dass es jederzeit aus vielfältigen Gründen – und damit unerwartet – zu einer Korrektur von Ungleichgewichten kommen kann", warnen die beiden Autoren.

In China steigen die Risiken
Das erstaunlichste Maß an Selbstgefälligkeit sehen Bus und Verberk hierbei in China, gemessen am Verhältnis zwischen Wirtschaftswachstum und Anstieg des Kreditvolumens. In der Volksrepublik steigt das Risiko eines starken Wachstumseinbruchs mit deflationärer Wirkung.

Europa befindet sich in einer Phase kräftiger Expansion. Die Europäische Zentralbank habe es mit ihrer Leitzinsanhebung zwar nicht ganz eilig, denn bislang ist es ihr nicht gelungen, höhere Inflationserwartungen zu erzeugen. "Wir können die geringe Inflation angesichts der Entwicklung an den Arbeitsmärkten nicht ganz erklären. Es besteht ein erhebliches Risiko, dass die Notenbanken hinter der Entwicklung hinterherhinken, sollte sich das Wachstum der Löhne unerwartet beschleunigen", schreiben Bus und Verberk.

Auch die USA schwächeln
Die Konjunkturabschwächung in den USA könnte laut Robeco vorübergehender Natur sein. Nachdenklich stimmen Bus und Verberk allerdings einige Frühindikatoren, die auf eine Wachstumsabschwächung hindeuten könnten. Die sinkenden Unternehmensgewinne und Margen, die flacher werdende Zinskurve oder der sehr schwache Investitionszyklus zeigen, dass die aktuelle wirtschaftliche Expansion anfällig ist.

Sorgen bereite Bus und Verberk auch die steigende Einkommensungleichheit in den USA. In der Vergangenheit haben sich Volkswirtschaften, die auf Chancen statt auf Ergebnisgleichheit achten, besser entwickelt als Systeme, in denen es eine unüberwindbare Kluft zwischen Wohlhabenden und Geringverdienern gibt. Diese Überproduktion an Eliten scheint sich in der US-Gesellschaft fest verankert zu haben und erklärt zum Teil Bus und Verberks zweite Sorge: Die Kreditvergabe an Kunden mit geringer Bonität ("Subprime") boomt wieder.

Subprime-Autokredite bereiten Sorgen
Bei Subprime-Autokrediten beispielsweise liegen die Zahlungsrückstände auf einem Niveau, wie es seit 2007/2008 nicht mehr zu beobachten war. Obwohl die Ausweitung der Geldmenge durch die Notenbank zu einem enormen Vermögenswachstum geführt hat, ist dieses sehr ungleich verteilt. Haushalte mit niedrigem bis mittlerem Einkommen haben Schwierigkeiten, ihre Schulden zu bedienen.

Auch wenn die Erholung der US-Wirtschaft noch hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt, gäbe es laut Bus und Verberk einige gute Nachrichten: Die Unternehmenserträge seien überraschend stark gestiegen, die Banken machten nach wie vor sehr gute Gewinne und der Arbeitsmarkt sei robust. "Auch wenn vorerst nichts auf eine unmittelbar bevorstehende Rezession hindeutet, halten wir sie in den kommenden zwei Jahren für wahrscheinlich." (aa)