Alan Greenspan, ehemaliger Chef der US-Notenbank Fed, hat einmal gesagt: "Seitdem ich Notenbanker geworden bin, habe ich gelernt, mit großer Inkohärenz vor mich hin zu murmeln. Wenn meine Äußerungen jemandem übermäßig klar erscheinen, dann hat er sicher missverstanden, was ich gesagt habe." Äußern sich Notenbanker zu deutlich, können sie von früheren Aussagen eingeholt werden. Eine zu undeutliche Kommunikation verunsichert wiederum die Investoren. "Am besten ist deshalb der Mittelweg", sagt Lukas Daalder, Chefanlagestratege bei Robeco.

Notenbanker sollten sich viele Optionen offen halten, sich nie übermäßig klar äußern und so versuchen, die Märkte in die gewünschte Richtung zu bewegen. Die meisten bekommen das inzwischen gut hin, sagt Daalder. "Diese Strategie wird erfolgreich praktiziert: Veranstaltungen, auf denen Notenbanker zur Geldpolitik Stellung nehmen, sind mittlerweile langweilig." Die Fed konnte die Zinsen im laufenden Zinserhöhungszyklus bereits dreimal anheben, ohne die Aktien- oder Rentenmärkte zu sehr zu beunruhigen. "Das ist ein Beweis, dass ihre Kommunikation funktioniert hat", sagt Daalder.

Europa sieht Zinsanhebungen entgegen
Auch Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), äußert sich dieser Tage gekonnt diffus. Auf der Juni-Sitzung der EZB überraschte er Investoren mit einer Absenkung der Inflationserwartung für 2018. Ende Juni sagte er dann in einer Rede, dass die deflationären Kräfte durch reflationäre Kräfte abgelöst worden seien – und sorgte damit für Aufruhr an den Märkten. "Ungeachtet des verwirrenden Geschehens lautet die Botschaft: In Europa rückt das Ende von Quantitative Easing näher", ist der Robeco-CIO überzeugt. (fp)