Heinrich Schaller, Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich (RLB OÖ) kündigte vor einiger Zeit an, dass bis zu 15 Prozent der Filialen im Bundesland wegfallen sollen. In einem Interview, das in voller Länge in der aktuellen Printausgabe von FONDS professionell zu lesen ist, sprach Schaller unter anderem über die Hintergründe. Bei einer hohen Anzahl von 400 Bankstellen müsse man sich "sehr intensiv" Gedanken über diese Struktur machen, betonte Schaller.

Nötig seien die Maßnahmen nicht nur, weil die Kunden mittlerweile 94 Prozent der Transaktionen online erledigen, sondern weil umgekehrt in vertieften Bereichen zunehmend mehr Beratung nötig sei, und hier fehlt es schlicht an einer ausreichenden Zahl passender Mitarbeiter. Die Raiffeisengruppe im Bundesland habe "wie alle Branchen das Problem, dass wir nicht mehr genug gut ausgebildetes Personal finden. Daher müssen wir reagieren", so Schaller. Es müsse Kompetenzzentren geben. "Wenn einzelne Bankstellen fusionieren, ist das kein Rückzug aus den Regionen. Wir wollen mehr Nähe zum Kunden, dort wo er sie braucht", sagte der RLB-OÖ-Chef. Über eine Fusion "entscheidet definitiv jede eigenständige Raiffeisenbank für sich selbst". Die RLB sei aber Teil eines Projekts bei dem besprochen wird, "wo es sinnvoll ist", betonte Schaller.

Eine Reduktion wird es in nächster Zeit nicht nur bei den Filialen geben. Es dürften aufgrund der zunehmenden Effizienzerfordernisse in der Finanzbranche auch selbständige Raikas von der Bildfläche verschwinden. "Ich glaube, dass weitere Raiffeisenbanken fusionieren werden. Momentan gibt es zwei, drei Projekte in Oberösterreich", so Schaller. Solche Überlegungen seien nicht außergewöhnlich, sondern fügten sich in einen laufenden Prozess ein. "Wir haben in den vergangenen 20 Jahren viele einzelne Raiffeisenbanken gesehen, die gesagt haben, mit unserer Größe wird es schwierig", so Schaller. "Es wird aber dadurch nicht zu ­einer Konzernbildung kommen", betonte er.

Flexiblere Arbeitszeit, Homeoffice und Co-Working
Um die Personalnot abzufedern, müssten die Banken bei den Arbeitszeiten flexibler werden und Homeoffice ermöglichen. In den Regionen sollen laufend Co-Working-Spaces eingerichtet werden für Mitarbeiter, die nicht zu Hause arbeiten wollen oder können. Dazu würden unter anderem geschlossene Raikas genutzt. In diese öffentlichen Büros können sich auch andere regionale Arbeitnehmer oder KMUs einmieten. "Dadurch entstehen Marktplätze mit Kontakt- und Informationsmöglichkeiten. Das wird sehr gut angenommen", so Schaller. Manche Raiffeisenbanken würden bei Neubauten bereits von vornherein Co-Working-Spaces einrichten.

Allerdings sollen die Mitarbeiter nicht ständig im Homeoffice oder im Co-Working-Büro arbeiten. "Wir empfehlen pro Woche Minimum einen, Maximum zwei Tage", so Schaller. Zum einen soll der Informationsfluss aufrecht bleiben. Zum anderen sei bei dauerndem Remote-Arbeiten ein Bindungsverlust ans Unternehmen zu befürchten. "Es soll nicht egal sein, für wen man arbeitet", so Schaller.

Konsumprodukte und Genossenschaftsinitiativen
Änderungen sind auch auf Produktebene zu erwarten. Der Mobilfunkvertrag, den die Raiffeisengruppe in Österreich seit einiger Zeit anbietet, werde von jungen Leuten gut angenommen. Es dürfte sich nicht um das letzte Konsumprojekt handeln. "Als Bank muss man sich überlegen, wie man die Kunden am besten versorgen kann", so Schaller. "Ich kann mir vorstellen, dass da noch vieles andere kommt." Worüber genau nachgedacht wird, sagte er nicht.

Was die regionale Verankerung betrifft, will Raiffeisen bundesweit Initiativen für Genossenschaften im Bereich nachhaltige Energie setzen. Auch hier gebe es vorerst nur Gespräche und keine konkreten Pläne. "Wir sind dabei, Konzepte zu erstellen", sagte Schaller.

Zugleich deutete er an, dass es für KMUs oder Industrieunternehmen aufgrund der zahlreichen wirtschaftlichen Unsicherheiten – etwa Ukraine-Krieg, Inflation, Lieferkettenprobleme – schwerer wird, an Bankkredite zu kommen. Die OeNB stellte kürzlich bereits fest, dass Banken ihre Kreditangebotspolitik verschärft haben. "Ich glaube, die Banken werden noch vorsichtiger werden müssen. Natürlich auch deshalb, weil wir von der Aufsicht in diese Richtung gedrängt werden. Vielleicht sogar ein bisschen zu sehr", so Schaller.

Kein Vernetzung mit Kathrein
Tiefer blicken ließ Schaller in die offenbar nicht einfachen Nachdenkprozesse über gesamtösterreichische Geschäftsmodell-Ideen am Raiffeisensektor: Einer Kooperation mit Kathrein, die gern zur Privatbank der Raiffeisengruppe in Österreich werden möchte, erteilt er eine Abfuhr. Kathrein gehört zur Raiffeisen Bank International (RBI), an der wiederum die RLB OÖ beteiligt ist. Kathrein-Chef Wilhelm Celeda hatte unlängst im Interview mit FONDS professionell gemeint, es werde Kooperationen mit allen Raiffeisen-Landesbanken geben. Er habe noch nichts vereinbart und werde das auch nicht tun, sagte hingegen Schaller. "Ich habe nichts gegen Kooperationen im Raiffeisensektor. Aber wir werden deswegen nicht das Private Banking mit unserer Privatbank aufgeben", so der RLB-Chef.

Die RLB-eigene Privatbank (eine Marke ohne eigene Bankkonzession) hatte 2021 laut Schaller "das bisher beste Jahr". Das Geschäftsvolumen konnte um eine Milliarde Euro auf 6,2 Milliarden Euro gesteigert werden, die Betriebserträge legten um mehr als 20 Prozent zu, wie Schaller erklärte. (eml)


Das gesamte Interview lesen Sie in der aktuellen FONDS professionell-Heftausgabe 2/2022.