In naher Zukunft ist keine Trendwende bei der restriktiven Geldpolitik der Notenbanken in Sicht, stellt Ingrid Szeiler fest, Chief Investment Officer bei der Raiffeisen KAG in Wien. Diese Erkenntnis, die niemanden ernsthaft überraschen könne, habe sich zuletzt auch schon durchgesetzt: "Sie beendete die Erholungsbewegung an den Aktienmärkten, die sich über den Sommer entwickelt hatte", sagt die Anlagestrategin. "Auf nächste Sicht sprechen die Einflussfaktoren für die Aktienmärkte eine eindeutige Sprache: Eine defensive Ausrichtung ist angebracht."

Die US-Zentralbank werde keinen Anlass haben, von ihrem "Pfad der geldpolitischen Straffung abzurücken", erläutert Szeiler. "Es wird in diesem Zyklus länger dauern, bis es an der geldpolitischen Front zu einem Einlenken kommt." Die Inflation sei weiter hoch, die Arbeitsmärkte seien zugleich robust. "Und schließlich halten sich die Aktienmärkte trotz aller Widrigkeiten verhältnismäßig gut", meint sie. In Europa komme hinzu, dass der schwache Euro die Inflation treibt und somit zusätzlichen Druck auf die Europäische Zentralbank ausübt. "Daher kommen hierzulande sogar Zinsanhebungen im Dreivierteltakt – 0,75 Prozentpunkte – infrage, was vor wenigen Monaten noch undenkbar gewesen wäre", so Szeiler.

Absichern über kurzlaufende US-Staatsanleihen
Szeiler ist pessimistisch, was die Weltwirtschaft angeht: Die Frühindikatoren für die Konjunktur seien auf Talfahrt, in manchen Bereichen sei eine Rezession zu erwarten, die Unternehmensgewinne würden zurückgehen. Bei den Aktienmärkten entwickelter Länder ist sie deshalb "mehr als vorsichtig", bei Schwellenländeraktien sieht es kaum anders aus.

Am Anleihenmarkt ist sie ebenfalls zurückhaltend. Bei den Unternehmensanleihen setzt die Raiffeisen KAG auf Banken- statt Industrieanleihen und bevorzugt sicherere Investmentgrade-Titel gegenüber High-Yield-Anleihen. Von Anleihen aus Schwellenländern rät Szeiler aufgrund der schlechten Konjunkturaussichten in Asien ganz ab. Unter den Staatsanleihen sieht sie bei kurzlaufenden US-Staatsanleihen die meisten Chancen: "Wir bevorzugen kurz laufende US-Staatsanleihen vor langen und rechnen hier mittelfristig mit einer steileren Zinskurve", sagt sie. (fp)