Trotz der guten Konjunkturentwicklung und der Chance auf eine weiche Landung ist die Stimmung vieler Amerikaner skeptisch – das ist besonders dramatisch in einer Volkswirtschaft, die so stark am Konsum hängt. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass fast zwei Drittel der US-Bürger glauben, das Land befinde sich auf dem falschen Weg. Damian McIntyre, Portfoliomanager bei Federated Hermes, meint aber, dass sich die Stimmung bald aufhellen könnte.

Vier Gründe für das Stimmungstief der US-Verbraucher
Er führt das aktuelle Stimmungstief auf vier Faktoren zurück: Wohnraum, Teuerung, Lohnentwicklung und subjektives Empfinden. "Einer der Gründe für das geringe Vertrauen der US-Verbraucher könnte die Bezahlbarkeit von Wohnraum sein", so McIntyre. Denn die habe sich mit den Zinserhöhungen der Fed deutlich verschlechtert. Der durchschnittliche Zinssatz für eine 30-jährige Hypothek erhöhte sich von 2,8 Prozent im Februar 2021 auf aktuell rund 6,9 Prozent: "Diese Entwicklung hat Erstkäufern von Eigenheimen das Gefühl vermittelt, dass Wohneigentum für sie unerreichbar ist", sagt McIntyre.

Als weiteren Grund nennt er die zurückliegenden Teuerungsraten bei den Lebenshaltungskosten: Die Inflationsdaten zeigten eine Jahresrate von 2,9 Prozent – nur noch wenig oberhalb des Fed-Ziels von zwei Prozent. Rückblickend sehen die Zahlen jedoch weniger gut aus. "Ich höre häufig von Verbrauchern, dass die Preise vor wenigen Jahren noch deutlich niedriger waren. Betrachtet man die Inflationsrate der letzten drei Jahre anstatt nur eines Jahres, so liegt sie bei 15,3 Prozent, dem höchsten Wert seit 1990", sagt McIntyre. Es werde voraussichtlich noch einige Zeit dauern, bis sich die Verbraucher an das höhere Preisniveau gewöhnt haben.

Dazu kommen die stagnierenden Reallöhne. Denn der Großteil der Lohnsteigerungen wurde durch die Inflation wieder aufgezehrt. Tatsächlich sanken die Reallöhne von April 2021 bis April 2023 im Jahresvergleich und erreichen erst jetzt wieder das Niveau von Januar 2022. "Zwar ist die finanzielle Situation der Verbraucher damit nicht schlechter als zuvor, dennoch könnte dies erklären, warum die Unzufriedenheit groß ist", so der Portfoliomanager.

Nicht zu unterschätzen ist seiner Meinung nach aber auch die subjektive Empfindung, dass früher alles besser war. Dabei betrachtet er unter anderem den Misery-Index, der die Inflationsrate und die Arbeitslosenquote nutzt, um eine Kennzahl für das "Leidempfinden" der Bevölkerung zu erhalten. Der Index ist zwar aktuell auf einem der niedrigsten Werte der vergangenen 50 Jahre: "Allerdings war er von Ende 2014 bis Anfang 2020, bevor die Covid-Pandemie begann, noch niedriger", gibt McIntyre zu bedenken.

Zinssenkungen könnten Umschwung bringen
Doch bald könnte sich die Stimmung bessern: "Sollte die Inflation weiter sinken und die Wirtschaft stark bleiben, ist es schwer vorstellbar, dass die Unzufriedenheit, die in den Umfragen zur Richtung des Landes zum Ausdruck kommt, auf Dauer bestehen bleibt", schätzt McIntyre. Niedrigere Zinssätze könnten dem Immobilienmarkt Auftrieb geben, während die Inflationsspitze von 2022 weiter in den Hintergrund rückt. Produktivitätssteigerungen, die zuletzt deutlich waren, könnten zudem das Wachstum der Reallöhne fördern. Seine Einschätzung lautet daher: "Sollte all dies eintreten, könnten die Menschen feststellen, dass die Dinge mittlerweile gar nicht so schlecht stehen." (jh)