"Es wäre nicht verwunderlich, wenn der Renminbi-Außenwert in den kommenden Monaten weiter nachgibt", so Thorsten Polleit, Chefvolkswirt von Degussa Goldhandel, nach der überraschenden geldpolitischen Intervention durch die chinesische Zentralbank. Einiges deute darauf hin, dass der Renminbi gegenüber anderen Währungen überbewertet ist und Investoren dies längst erkannt haben. Die bisherige Abwertung würde in diesem Fall nicht ausreichen.

In der Vorwoche hat die People's Bank of China den Renminbi-Wechselkurs überraschend an drei Tagen hintereinander abgewertet. Dass die Zentralbank zu diesem zweischneidigen Mittel greift, dürfte laut Polleit mit der anhaltenden Aufwertung des US-Dollar-Außenwertes in Verbindung stehen. Der Renminbi ist über einen Währungskorb de facto an den US-Dollar gebunden. Das heißt: Wertet der US-Dollar gegenüber anderen Währungen auf, so wertet auch der Renminbi auf.

Zentralbank wehrt sich gegen Abwertung
Nun scheint sich an den Devisenmärkten seit geraumer Zeit die Erwartung durchzusetzen, dass China eine solche Aufwertung nicht mitmachen will oder kann. Das signalisiere die Entwicklung der Fremdwährungsreserven, so Polleit. "Seit Juni 2014 schmelzen die Fremdwährungsreserven der Chinesen. Im Juli 2015 beliefen sie sich auf 3,65 Billionen US-Dollar. Das entsprach einem Rückgang von 343 Milliarden US-Dollar oder 8,6 Prozent gegenüber dem bisherigen Reserve-Höchststand im Juni 2014."

Um sich einer Wechselkursabwertung wirksam entgegenzustemmen, hätten die Chinesen immer mehr Währungsreserven verkaufen und gleichzeitig die Renminbi-Geldmenge immer weiter verringern müssen. "Angesichts der lahmenden Konjunktur hätte das aber zur monetären Strangulierung geführt", schreibt Polleit. Auf kurze Sicht würde ein weiteres Nachgeben des Renminbi-Wechselkurses eine Reihe von Konsequenzen mit sich bringen – mehr dazu in unserer Bilderstrecke oben!

"Kurzfristig mag das Erleichterung verschaffen"
In längerfristiger Betrachtung laute die Botschaft hingegen: Das ungedeckte Papiergeld hat auch in China für eine jahrelange konjunkturelle Scheinblüte gesorgt. Es hat Spekulation und Blasenbildung befördert. Nun droht der Boom in einen Abschwung umzukippen. Doch um das zu verhindern, muss immer mehr Kredit und Geld – bereitgestellt zu immer niedrigeren Zinsen – verabreicht werden. Polleit dazu: "Kurzfristig mag das Erleichterung verschaffen. Nicht aber langfristig." (dw)