Der US-Dollar ist seit einiger Zeit bemerkenswert schwach. Eigentlich müsste er nach klassischen Modellen aufwerten, sagt Pimco-Chefökonom Joachim Fels: Während die US-Notenbank ihre Anleihebestände reduziert, kaufen die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of Japan (BoJ) weiterhin Bonds an. Das würde normalerweise dazu führen, dass der Dollar gegenüber Euro und Yen an Wert zulegt. Auch die Kombination aus expansiver Finanz- und strafferer Geldpolitik in den USA müsste den Greenback eigentlich stärken. So war es zumindest Anfang der 1980er Jahre unter Ronald Reagan.

Fels bietet eine Erklärung dafür an, dass die gewohnten Mechanismen derzeit  únd auch bis auf Weiteres nicht greifen: "Vielleicht nimmt der Devisenmarkt eine andere und möglicherweise nicht offen deklarierte Koordinierung der amerikanischen Finanz- und Geldpolitik an. Dabei finanziert die Regierung eine wachsende Neuverschuldung vor allem durch die Ausgabe von Anleihen mit kurzen Laufzeiten, und die Fed passt ihre Geldpolitik an, indem sie ihre kurzfristigen Leitzinsen selbst dann nur langsam erhöht, wenn die Inflationsrate höher sein sollte als gewünscht." Damit würde die Notenbank die Renditen kurzlaufender Staatsanleihen niedrig halten.

Märkte zeichnen ein klares Bild
Von einer solchen Kooperation zwischen US-Regierung und Notenbank ist nichts bekannt. Investoren verhalten sich allerdings so, als nähmen sie das von Fels skizzierte Szenario vorweg: Die steigenden Aktienkurse und die allmählich anziehenden Inflationserwartungen deuten darauf hin, dass Anleger mit einer höheren Inflation rechnen. Und die ungewöhnlich geringe Renditedifferenz zwischen lang- und kurzlaufenden Staatsanleihen ließe sich damit erklären, dass die Marktteilnehmer von einer deutlichen Zunahme der kurzfristigen US-Staatsverschuldung ausgehen. (fp)