Die internationalen Notenbanken haben milliardenschwere Anleihekaufprogramme lanciert – und nichts passiert. Jedenfalls nicht das, was sie sich erhofften: mehr Wirtschaftswachstum und ein Anziehen der Teuerungsraten. Der erfahrene Vermögensverwalter und Gründer von Starcapital Peter E. Huber schlägt stattdessen vor, den Zentralbanken auch Aktienkäufe zu gestatten. Anderswo habe man damit sehr gute Erfahrungen gemacht – und auch Anleger hätten davon sehr großen Nutzen, wie er in seinem Marktkommentar erläutert, den Sie im folgenden nachlesen können. (ps)


Die Ergebnisse der bisherigen extrem expansiven Geldpolitik der Zentralbanken sind mehr als kümmerlich. Trotz heiß laufender Notenpressen ist es weder gelungen, die Wirtschaft zu beleben noch die Inflationsziele von zwei Prozent zu erreichen. Unsere Prognose von Null-Wachstum, NulI-Inflation und Null-Zinsen hat sich eindrucksvoll bestätigt.

Viele Marktteilnehmer wundern sich, warum die Geldschwemme bisher nicht zu mehr Inflation geführt hat. Zum einen sind die deflationären Kräfte noch sehr stark. So wurden im Rahmen der Globalisierung riesige Überkapazitäten aufgebaut – insbesondere im Reich der Mitte. In China sind die Produzentenpreise seit Jahren rückläufig, sodass Deflation exportiert wird. Zum anderen führen steigende Geldmengen nicht automatisch zu mehr Inflation, wenn sie nicht nachfragewirksam werden, sondern im Bankensystem feststecken. Erst wenn die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen deutlich schneller stiege als das Angebot, würden die Konsumentenpreise nach oben klettern. Davon sind wir aber meilenweit entfernt.

In einem Umfeld, das durch zahlreiche Krisen- und Gefahrenherde, Überkapazitäten und steigende Staatsverschuldung geprägt ist, investieren Unternehmen nur zögerlich. Die Kreditnachfrage der Unternehmen im Euroraum steigt mit 1,9 Prozent nur minimal, trotz der rekordtiefen Zinsen. Und auch der Konsum lässt zu wünschen übrig. Die geringen Reallohnzuwächse werden durch immer höhere Steuern und Abgaben abgeschöpft und die Zinseinkünfte fallen auch weg. Lediglich die Immobiliennachfrage profitiert.

Sind die Notenbanken mit ihrem Latein jetzt am Ende, wie viele Beobachter meinen? Jedenfalls fordert der Internationale Währungsfonds nun deutlich höhere Staatsausgaben – etwa für Infrastrukturprojekte – und dies trotz der bereits hohen Staatsverschuldung. Fed, BoJ und EZB müssten dann noch mehr Staatsanleihen aufkaufen, um dies zu finanzieren. Dabei sind die Aufkaufprogramme der Notenbanken jetzt schon gewaltig.

Besonders toll treibt es die Bank of Japan. Die Schuldenlast des japanischen Staates ist bereits erdrückend. Das Land steht mit fast 250 Prozent seiner Wirtschaftsleistung in der Kreide. Mit einer veranschlagten Aufkaufsumme von rund 120 Billionen Yen in diesem Jahr finanziert die BoJ mehr als den gesamten Staatshaushalt von 96,7 Billionen Yen und hält bereits mehr als ein Drittel aller Staatsschulden. Dass der japanische Staat seine Schulden jemals zurückzahlen wird, ist unwahrscheinlich. Vielmehr wird bereits offen darüber diskutiert, ob die Notenbank dem Staat die Schulden erlassen sollte. Dies könnte auch über einen verdeckten Schuldenschnitt geschehen (keine Verzinsung, ewige Laufzeiten).

Auch Helikoptergeld ist im Gespräch. Die Notenbank druckt Geld und schenkt es dem Staat oder den Konsumenten, ohne dass daraus kreditäre Verpflichtungen entstehen. Entgegen der allgemeinen Auffassung dürfte Helikoptergeld anfangs sehr positive Auswirkungen auf die Börsen haben, da die Nachfrage gestärkt und das Wirtschaftswachstum belebt wird. Irgendwann wird dann aber ein Punkt erreicht, an dem die Menschen das Vertrauen in die Währung verlieren und in Panik verfallen, ihr Geld schnell ausgeben oder ihre Yen in ausländische Währungen tauschen. Das wird der Beginn einer Hyperinflation sein.

Was wir am Beispiel Japans beschrieben haben, gilt auch für andere Regionen. So steht die US-Wirtschaft bereits mit 65 Billionen Dollar – das sind horrende 350 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung – in der Kreide. Dass diese Entwicklung von Deflation zu galoppierender Inflation kein Hirngespinst von uns ist, zeigen auch die Analysen von Richard Koo, dem Chefvolkswirt des Nomura Research Institute in Tokio, und von Olivier Blanchard, dem ehemaligen Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds. Helikoptergeld ist also kein Patentrezept, um die aktuellen Wachstumsprobleme zu überwinden.

Und hier kommen wir auf unsere These zurück, dass die Lösung nicht darin liegen kann, die Zinsen immer tiefer zu drücken und damit Fremdkapital attraktiver zu machen – was auf Dauer nur zu Fehlallokationen und unerwünschten Nebenwirkungen führt. Vielmehr müsste Eigenkapital attraktiver gemacht werden.

Statt wertlose Staatsanleihen ohne Verzinsung aufzukaufen, die sowieso nicht zurückgezahlt werden können, sollten die Notenbanken lieber Aktien kaufen und damit in werthaltige Sachwerte investieren. Die durch eine daraus resultierende Höherbewertung der Dividendenpapiere entstehenden Gewinne könnten abgeschöpft und in Infrastrukturprogramme, Sicherung der Altersvorsorge oder Abbau von Staatsschulden investiert werden. Anstatt über die Aufnahme von Krediten eigene Aktien zurückzukaufen, würden Unternehmen so motiviert, über die Aufnahme von Eigenkapital neue Investitionen zu finanzieren. Eine völlig neue Unternehmens- und Gründerkultur könnte entstehen.

Die Idee scheint auf den ersten Blick etwas unkonventionell. Zwar haben einzelne Notenbanken in Hongkong, Israel, Tschechien oder Korea in der Vergangenheit bereits Devisenreserven für Aktienkäufe eingesetzt. Doch dies waren eher Ausnahmen. In den USA sind Aktienkäufe durch die Notenbank sogar verboten. Auch hier spielt die Bank of Japan den Vorreiter, indem sie seit Oktober 2010 über ETFs japanische Aktien kauft – zunächst nur kleinere Summen. Inzwischen ist der Wert der ETFs in der Bilanz der Notenbank aber auf 8,7 Billionen Yen (76,5 Milliarden Euro) angeschwollen. Und Ende Juni wurde beschlossen, den Kauf von börsengehandelten ETFs von 3,3 Billionen auf sechs Billionen Yen (52 Mrd. Euro) pro Jahr fast zu verdoppeln.

Dies dürfte nicht ohne Einfluss auf die Börse bleiben, denn schon vor der Aufstockung besaß die Notenbank drei Prozent aller japanischen Aktien. Finanziert werden diese Käufe nicht mit Devisenreserven, sondern mit neu gedrucktem – also quasi aus dem Nichts. Diese Strategie macht Sinn und dürfte auf längere Sicht den Wohlstand Japans erheblich mehren.

Zumal japanische Aktien immer noch extrem niedrig bewertet sind. So liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis des Topix Core 30 Index als Pendant zum deutschen DAX-Index bei zehn und das Kurs-Buchwert-Verhältnis bei 1,0. Nachteil ist, dass damit der Yen nicht wie gewünscht geschwächt wird, sondern eher gestärkt. Noch cleverer macht es die Schweizer Notenbank. Auch sie schöpft Geld aus dem Nichts, also quasi aus klarer Alpenluft, kauft damit aber ausländische Aktien. Mittlerweile hat die SNB auf diese Weise bereits über 60 Milliarden Dollar in US-Aktien investiert. Chapeau an Notenbankchef Jordan und sein Team.

Über kurz oder lang werden die meisten Zentralbanken erkennen, was für ein schlaues Mittel der Wohlstandsmehrung sich hier bietet, und es wird ein Wettlauf der Aktienkäufe entstehen. Als letztes wird dieses Mittel allerdings von der EZB eingesetzt werden, da die europäischen Regierungen in ihrer sozialistischen Verblendung dem Instrument „Aktie“ immer noch mit äußerstem Misstrauen begegnen.