Erst kommt die Hausse, dann die Anleger, ist oft zu hören. Bislang aber ist trotz einer Serie von Indexrekorden, insbesondere beim Dax, von allgemeiner Aktienbegeisterung nichts zu spüren. Und das ist auch gut so, stellt der Starcapital-Gründer Peter E. Huber in der aktuellen Ausgabe seines Kommentars, den wir nachfolgend veröffentlichen, fest. (ps)


US-Präsident Donald Trump ist völlig unberechenbar. Auch der türkische Sultan Recep Tayyip Erdogan ist unberechenbar. Ebenso der nordkoreanische Raketenzündler Kim Jong-un. Kein Wunder, dass die politisch bedingte Verunsicherung der Investoren fast täglich zunimmt und viel Geld auf der Seitenlinie geparkt wird.

Verstärkt wird diese Verunsicherung noch dadurch, dass zahlreiche Börsenexperten seit Längerem vor einer "scharfen Korrektur“ von 10 bis 15 Prozent warnen. Doch solche Prognosen sind ohne Wert, denn an den Börsen sind Rückschläge von 20 Prozent und mehr jederzeit möglich und der genaue Eintrittszeitpunkt ist praktisch nicht bestimmbar.

Die Verunsicherung schlägt sich in den Stimmungsindikatoren nieder. So kommt das Analysehaus Sentix in einer aktuellen Studie zu folgendem Schluss: "Über alle globalen Aktienmärkte hinweg ist als große Gemeinsamkeit festzustellen, dass die Anleger die vorliegenden (positiven) Chartsignale reihenweise infrage stellen und keine Aufbruchstimmung aufkommt.“

Dabei ist die wirtschaftliche Entwicklung gar nicht so schlecht. Weltweit verzeichnen wir einen mäßigen, aber robusten konjunkturellen Rückenwind. In Europa zogen nach Daten der DZ Bank die Umsätze der größten Unternehmen – aus dem Stoxx 600 – im ersten Quartal im Schnitt um 10 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum an. Die Gewinne kletterten sogar um 37 Prozent. Auch von der monetären Seite gibt es weiter Unterstützung. Die Notenbanken in Japan und Europa blähen ihre Bilanzen weiter durch den Kauf von Staatsanleihen auf und die Zinsen verharren in der Nähe ihrer historischen Tiefststände.

So sind also die drei wesentlichen Voraussetzungen für ein Goldilocks-Szenario gegeben. Damit beschreibt man ein ideales Umfeld für weiter steigende Aktienkurse.

1. Ein günstiges monetäres Umfeld (niedrige Zinsen, expansive Notenbanken).

2. Ein leichtes Wirtschaftswachstum mit steigenden Unternehmensgewinnen (keine Rezession und keine Überhitzung).

3. Verunsicherung bei den Anlegern (keine Euphorie, keine Überinvestition).

Leider wissen wir auch nicht, ob der Dax am Jahresende 20 Prozent höher oder tiefer notiert. Beides ist möglich. Kurz- und mittelfristige Börsenprognosen haben sich als äußerst unzuverlässig erwiesen, sodass wir komplett auf sie verzichten. Anders sieht es allerdings bei längerfristigen Zeiträumen aus. Hier sind die Kurspotenziale anhand des Shiller-KGV als ertragsorientierte Größe und anhand des Kurs/Buchwert-Verhältnisses als Substanzwert relativ zuverlässig zu bestimmen. So haben wir bereits im März 2014 folgende Szenarioanalyse für den Dax-Verlauf bis 2028 veröffentlicht:

Daraus lassen sich zwei Feststellungen treffen:

1. In den letzten drei Jahren mäanderte der Dax mit erstaunlicher Präzision um den von uns vorgezeichneten Mittelwert (rote Linie).

2. Das langfristige Kurspotenzial (Dax von 27.000 Punkten im Jahr 2028) ist noch lange nicht ausgeschöpft.

Anleger sollten sich daher nicht verunsichern lassen und weiter eine konstruktive Haltung zu Aktien einnehmen. Insbesondere Rückschläge – wie wir sie auch in den letzten drei Jahren verzeichnen konnten – sollten zum Aufbau von weiteren Positionen genutzt werden. Wir gehen davon aus, dass Überraschungen eher nach oben zu erwarten sind. Die Kursindices europäischer und japanischer Aktien beispielsweise laufen jetzt zum vierten Mal starke historische Widerstände an. Es würde uns nicht wundern, wenn diese in den nächsten Monaten überwunden werden und damit erhebliches neues Kurspotenzial freigesetzt wird.