Die Europäische Zentralbank (EZB) meint es ernst mit den Maßnahmen gegen die Inflation. In ihrer September-Sitzung hat die Notenbank die Leitzinsen in der Union um 0,75 Prozent auf derzeit 1,25 Prozent für den Hauptrefinanzierungssatz und 0,75 Prozent für den Einlagensatz angehoben. Es war der bisher größte Einzelschritt in der Geschichte der EZB; man könnte jedoch bald ähnliche Größenordnungen sehen. Das stellte EZB-Ratsmitglied Robert Holzmann, Gouverneur der Österreichischen Nationalbank (OeNB), bei einem Gespräch mit dem Sender "CNBC" in den Raum.

Werden die Zinssätze am 27. Oktober um 75 Basispunkte angehoben und im Dezember eventuell um weitere 50 bis 75 Basispunkte, dann würde man sich "in der Nähe des neutralen Zinsniveaus", befinden, sagte Holzmann laut der Nachrichtenagentur "Bloomberg" am Mittwoch in Washington in dem Interview.

Weder restriktiv noch stimulierend
Ein neutrales Einlagenzinsniveau würde bedeuten, dass die Geldpolitik weder restriktiv noch stimulierend wirkt. Es würde der EZB laut Holzmann auch ermöglichen, über den Abbau ihrer Anleihebestände nachzudenken. Dieser Zeitplan für eine quantitative Straffung deckt sich mit Kommentaren anderer EZB-Entscheider.

Auf die Frage nach einer noch stärkeren Zinsanhebung, nämlich um 100 Basispunkte, sagte Holzmann, dass dies zwar eine Option sei, aber "über das hinausgehen würde, was der Markt erwartet". Ein solcher Zinsschritt würde auch "über das hinausgehen, was wir brauchen, um dem Markt zu signalisieren, dass wir es ernst meinen".

EZB lässt sich von leichter Rezession nicht beirren
Eine mögliche leichte Rezession im Euroraum werde die Straffungspläne der EZB nicht zum Scheitern bringen, führte er aus. Die Indikatoren deuteten darauf hin, dass ein Abschwung "geringfügig" sein würde. "Ich sehe keine starke Rezession, die aus verschiedenen Gründen jedoch eintreten kann", sagte er. "Dann sind wir in einer anderen Situation, und dann würden wir das Ganze neu bewerten." (eml/Bloomberg)