Österreich öffnet sich für Investoren, die gezielt nach Anleihen mit einer nachvollziehbar grünen Widmung suchen. Wie Finanzminister Magnus Brunner am Dienstag bei einer Pressekonferenz erklärte, sollen die ersten grünen Staatsanleihen rasch, jedenfalls aber noch im ersten Halbjahr 2022 emittiert werden. Es handle sich nicht um eine einmalige Aktion, sondern um den Auftakt für laufende grüne Kapitalmarktmissionen, betonte Brunner.

Wenn der Markt es erlaubt, will Österreich im Jahr 2022 grüne Staatsanleihen mit einem Volumen von rund fünf Milliarden Euro emittieren. Das entspreche 3,4 Prozent der Bundesausgaben und 1,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP), wie es bei der Präsentation des Rahmenwerks hieß. Österreich sei das Land mit dem größten grünen Budgetanteil verglichen mit anderen staatlichen Green-Bond-Emittenten. Es kann aber auch erwähnt werden, dass andere Länder von Belgien über Deutschland und Frankreich bis Slowenien mit Grenn Bonds schon viel früher dran waren.

Mascherl für Investorengeld
Mit den grünen Staatsanleihen werden (wie auch in anderen Staaten üblich) keine Sonderprojekte finanziert, die sich der Staat sonst nicht auch "geleistet" hätte. Vielmehr läuft es anders herum: Das Budget wird auf taugliche grüne Anteile hin durchforstet, und diese werden den Investoren dann transparent aufgeschlüsselt.

Man gebe dem Geld damit ein Mascherl, was wichtig sei für Kapitalgeber, die auf genau diese nachvollziehbar grünen Investitionsmöglichkeiten angewiesen sind, wie Markus Stix, Geschäftsführer der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) betonte. Die Republik liefere den Investoren einen detaillierten jährlichen Allokationsbericht sowie einen zweijährigen Wirkungsbericht, der den Impact der Investitionen unter anderem mit Fallstudien untermauern soll. Der gesamte Green-Bond-Prozess (Auswahl, Mittelverwendung, Berichterstattung, etc.) gilt als aufwändig. Allein die Erstellung des Rahmenwerkes habe neun Monate in Anspruch genommen, so Stix.

"Greenium" in Höhe weniger Basispunkte
Anleiheemittenten können sich über Green Bonds in der Regel etwas günstiger verschulden; beziehungsweise nehmen umgekehrt Investoren einen (minimalen) Renditeabschlag hin. Dieses sogenannte "Greenium" (ein Kompositum aus "Green" und "Premium") dürfte bei den österreichischen Anleihen um die ein bis zwei Basispunkte ausmachen (also 0,01 bis 0,02 Prozentpunkte). Bedingt ist das Greenium unter anderem durch die Knappheit: Es gibt viel mehr Investoren, die in nachhaltige Staatsanleihen investieren möchten oder aufgrund von Vorgaben müssen, als es Angebot am Markt gibt.

Österreich geht bei der Emission in mehrfacher Hinsicht eigene Wege: So wird das Land nicht nur Anleihen mit längeren Laufzeiten von 15 bis 30 Jahren emittieren, die momentan den Green-Bond-Markt dominieren. "Wir begeben kurzfristige Instrumente mit bis zu einem Jahr Laufzeit. Diese gibt es bei Staatsanleihen weltweit bisher noch nicht", so Stix. Damit könnten erstmals Marktteilnehmer, die kurzfristig Liquidität veranlagen – etwa Geldmarktfonds oder Zentralbanken – auf nachhaltige Produkte zurückgreifen. Ungefähr 20 Prozent des erwarteten Emissionsvolumens von fünf Milliarden Euro sollen auf Kurzläufer entfallen.

Keine "Zwillingsanleihen"
Ein weiterer Punkt ist, dass Österreich einen völlig eigenständigen Green-Bond-Markt entstehen lässt: Die grüne Anleihe ist hinsichtlich der Bedingungen nicht an ein konventionelles Pendant gebunden. Das ist ein Unterschied zum "Staatsanleihen-Benchmarkland" Deutschland. Dort gibt es das sogenannte "Zwillingsanleihen-Konstrukt", wo einer grünen Anleihe jeweils konventionelle Bundeswertpapiere gegenübergestellt werden, die hinsichtlich Laufzeit, Zinstermine und Kupon völlig identisch sind.

Die deutsche Finanzagentur unterstützt außerdem den Markt mit Switch-Aktionen, wo "grün" und "konventionell" jederzeit getauscht werden können. Das alles soll Liquiditätssorgen der Investoren ausräumen – sie müssen nicht fürchten, dass sie auf ihren grünen Investments sitzen bleiben. Außerdem verknappt der Staat dann mit den grünen Anleihen nicht sein konventionelles Angebot. Zudem soll mit der Zwillingsstruktur die Entwicklung der grünen Anleihe gegenüber einem vergleichbaren herkömmlichen Papier messbar werden.

Aus der Sicht der Investoren seien derartige Liquiditätssorgen am österreichischen Markt eher weniger ausschlaggebend, so Stix. Die von Österreich begebenen Volumina hätten auch in den vergangenen Jahren stark geschwankt (zwischen 25 und 65 Milliarden Euro), ohne dass der Markt darauf reagiert hätte. Auch hätten die Marktteilnehmer mittlerweile mehr Erfahrung mit grünen Anleihen.

Investitionen und Gelder
Mit den Green Bonds sollen vorwiegend in die Themenfelder sauberer Transport (73 Prozent, die insbesondere in den Schienenausbau gehen) und Energieeffizienz (10 Prozent) bedient werden. Dazu kommen nachhaltige Wasser- und Abwasserbewirtschaftung, Biodiversität oder die Vermeidung von Umweltverschmutzung und ähnliches. Identifiziert wurden die relevanten Bereiche entlang der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (UN SDG).

Die Anleihestandards selbst richten sich nach den Vorgaben des internationalen Branchenverbands für Kapitalmarktteilnehmer (ICMA). Das Rahmenwerk zu den österreichischen Green Bonds wird durch den externen Anbieter ISS ESG bewertet. Tabu sind in grünen österreichischen Staatsanleihen Investitionen in Atomkraft, fossile Brennstoffe oder deren Transport, sowie in CO2-Speicherungsprojekte. Aber auch Alkohol, Glücksspiel, Tabak und Waffen sind nicht erlaubt.

Auch Länderfinanzierung denkbar
Der genaue Zeitpunkt für die Erstemission richte sich nach den Marktbedingungen. In den nächsten Tagen werde man auf Roadshow gehen, um das Rahmenwerk bei den potenziellen Käufern vorzustellen. Momentan dienen die Green Bonds in Österreich nur der Bundesfinanzierung. Ein nächstes Rahmenwerk könne eventuell auch die Bundesländerfinanzierung einschließen, hieß es bei der Präsentation. (eml)


Das österreichische Green-Bond-Rahmenwerk steht auf der Homepage der Bundesfinanzierungsagentur zum Download bereit (externer Link).