Insbesondere die gesundheits- und geopolitischen Rahmenbedingungen hätten wirtschaftliche Prognosen und geldpolitische Entscheidungen nicht gerade vereinfacht, hält der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Robert Holzmann, in seinem Jahresrückblick fest. Vor allem geldpolitisch habe sich das Jahr 2021 durchaus fordernd präsentiert. "Wir haben als Zentralbank ein ganz klares Mandat und das lautet: Wahrung der Preisstabilität. Wenn sich nun infolge einer pandemiebedingt ökonomisch wellenartig auftretenden Krisen- und Erholungsabfolge die Inflation deutlich über unserem Ziel von zwei Prozent einnistet, dann müssen wir handeln – und wir haben gehandelt", zieht Holzmann über ein geldpolitisch ereignisreiches Jahr Bilanz.

"Beginnend mit dem Beschluss über die erste neue geldpolitische Strategie der EZB seit 18 Jahren bis hin zu dem Beschluss über das Auslaufen des Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) und dem Einleiten einer schrittweisen Abkehr von Negativzinsen, haben wir auf die neuen Gegebenheiten entsprechend zeitnahe reagiert", so der Gouverneur.

"Jede Nähe einer monetären Staatsfinanzierung vermeiden"
"Auch wenn dieses Jahr alles andere als einfach war, ich bleibe Optimist", so der Gouverneur. "Wir beobachten die Entwicklungen sehr genau. Das ist wichtig, denn mit kürzeren Ereigniszyklen ist nur ein Fahren auf Sicht möglich. Die größte Stärke der Geldpolitik – ihre Fähigkeit, sehr rasch zu handeln und sich in kürzester Zeit auf neue Gegebenheiten einzustellen – ist vor allem jetzt und in den nächsten Monaten gefragt", so Holzmann. 

"Entscheidend wird im neuen Jahr sein, schrittweise den Ausstieg aus Negativzinsen und der unkonventionellen Geldpolitik einzuleiten und jede Nähe einer monetären Staatsfinanzierung zu vermeiden", führt Holzmann aus. Die Rahmenbedingungen dafür stünden nicht so schlecht. Die Inflation werde um den Jahreswechsel ihren Höhepunkt erreichen und sich dann langsam wieder abschwächen. "2021 wird gemäß unserer Prognose die HVPI-Inflationsrate bei 2,7 Prozent liegen, im Jahr darauf werden gestiegene Energiepreise, die Einführung der CO2-Steuer per 1. Juli sowie weitere Teuerungen zu einem weiteren Anstieg auf 3,2 Prozent führen", so der Gouverneur. 

Gemäß der gesamtwirtschaftlichen Prognose der OeNB für Österreich soll in den Jahren 2023 und 2024 die Inflation auf 2,3 Prozent und schließlich zwei Prozent sinken. Aus Sicht des Gouverneurs komme hinzu, dass die ökonomischen Auswirkungen der Pandemie bisher mit jeder neuen Mutationswelle schwächer würden. "Neben der Bewältigung der gesundheitspolitischen Herausforderungen wird es im neuen Jahr vor allem darum gehen, die Produktivität nicht nur zu halten, sondern auch zu steigern. Nur wenn der Gleichgewichtszinssatz wieder steigt, kann auch die Geldpolitik den Spielraum behalten, den sie benötigt. Der Kampf gegen den Klimawandel und der Einsatz neuer Technologien bieten hier durchaus Chancen. Auch wenn uns die Pandemie und die Inflation noch eine gewisse Zeit begleiten werden – ich bin und bleibe optimistisch", so Holzmann abschließend. (gp)