Die Dynamik der US-Wirtschaft kann kurzfristig durchaus zunehmen. Längerfristig ist diese Wachstumsplus jedoch nicht. Martin Hüfner, Chefvolkswirt von Assenagon und volkswirtschaftlicher Berater der österreichischen Hello Bank, befürchtet, dass ein langsameres Wirtschaftswachstum den Amerikanern am Ende nicht mehr, sondern weniger Jobs bringen werde. Die detaillierten Argumente und Prognosen von Hüfner können Sie nachfolgend dem Originalwortlaut seines Kommentar entnehmen. (aa)


Noch ist es zu früh, sich ein endgültiges Urteil über die Wirtschaftspolitik der neuen amerikanischen Administration zu bilden. Aber eines kann man jetzt schon sagen. Von dem jahrelangen Jammern über rückläufige Wachstumsraten hört man mit einem Mal nichts mehr. Im Gegenteil: Die Prognosen werden nach oben revidiert. Manche sprechen schon davon, dass die US-Wirtschaft in den kommenden Jahren wieder um drei bis vier Prozent p.a. expandieren könnte. Säkulare Stagnation („secular stagnation“) scheint kein Thema mehr zu sein.


Martin Hüfners sechs Gründe, die direkte Auswirkungen auf die US-Wirtschaft und damit auch auf die zukünftige Peformance haben werden, finden Sie auf den Punkt zusammengefasst in unserer  Klickstrecke oben.


Das wäre eine Trendwende. Die Grafik zeigt, wie sich das Wachstum in den USA in den letzten sechzig Jahren kontinuierlich verringert hat. Von 1950 bis 1980 betrug es im Schnitt noch 4,1 Prozent p.a. Bis zur Jahrtausendwende ging es auf 3,3 Prozent zurück. Seit dem Jahr 2000 beträgt es nur noch 1,9 Prozent. 2016 waren es sogar lediglich magere 1,6 Prozent. Manch einer fürchtete, dass wir am Ende bei Stagnation landen könnten. Die Entwicklung verläuft in anderen Industrieländern ähnlich.


Hat der es der neue amerikanische Präsident geschafft, diesen Trend zu brechen? Das wäre ein positiver Kontrapunkt zu den vielen Themen, die derzeit an der Trumpschen Wirtschaftspolitik kritisiert werden. Schauen wir uns das genauer an.

Die neue Wirtschaftspolitik besteht aus einem Bündel von ganz unterschiedlichen Maßnahmen, die eines gemeinsam haben: Sie sollen Jobs schaffen. Dazu gehört eine atmosphärische Verbesserung des Geschäftsklimas, wie sie an allen Indikatoren erkennbar ist. Hinzu kommen Steuersenkungen, Infrastrukturinvestitionen, Deregulierung und natürlich Protektionismus und eine Begrenzung der Einwanderung. Per Twitter will der Präsident auf einzelne Unternehmen Einfluss nehmen.

All das bringt kurzfristig zweifellos zusätzliche Impulse für die Wirtschaft. Das Sozialprodukt wird in diesem Jahr stärker steigen. Da sind sich alle Beobachter einig. Ich zweifle jedoch, dass das so bleiben wird. Denn die Kapazitäten sind weitgehend ausgelastet. Mehr Nachfrage wirkt sich unter diesen Umständen mehr in höheren Preisen aus als in realer Produktion. Die Zinsen steigen, was das Wachstum belastet.

Es kommt aber noch schlimmer: Nicht nur wird das reale Wachstum nicht steigen. Es wird langfristig im Gegenteil zurückgehen, vermutlich sogar stärker als das bisher der Fall war.

Für den Anleger: Die amerikanischen Aktienmärkte haben die neue Wirtschaftspolitik von Trump am Anfang gefeiert. Sie scheinen ihr immer noch positiv gegenüberzustehen, auch wenn die ursprüngliche Euphorie abebbt. Wenn meine Argumente richtig sind, dann wird der Aktienmarkt auf Dauer nicht von einem Präsidenten Trump profitieren. Es wird zwar nicht zu einem Crash kommen, wie das der Investor George Soros erwartet. Die Gewinne werden jedoch langsamer zunehmen. Das wirkt sich negativ auf die Kurse aus.