Die Europäische Zentralbank (EZB) belässt die Leitzinsen in der Eurozone bei null Prozent. Ursprünglich hatten die Währungshüter den ersten Zinsschritt nach über einer Dekade steter Senkungen für Herbst dieses Jahres ins Auge gefasst. Nun verschieben sie ihn, wie im Januar bereits angedeutet, womöglich bis ins kommende Jahr: EZB-Präsident Mario Draghi erklärte auf der gestrigen Pressekonferenz der Notenbank, die Leitzinsen bis "mindestens Ende 2019" unangetastet zu lassen.

Hauptgrund für das vorsichtige Taktieren ist die wackelige Wirtschaftsentwicklung in der Eurozone. "Wir erleben eine allgegenwärtige Unsicherheit gepaart mit schlechten Wirtschaftsaussichten", zitiert die "Süddeutsche Zeitung" den EZB-Chef. Draghi zufolge muss die Zentralbank jetzt vorausschauend handeln statt nur zu reagieren. "Mit unseren Maßnahmen stärken wir die ökonomische Widerstandskraft der Eurozone", sagte er. Eine Rezession hält er allerdings für unwahrscheinlich. Die EZB rechnet für das laufende Jahr mit einem Wachstum im Euro-Raum von 1,1 Prozent.

Der Abschied naht
Draghis Anstellungsvertrag endet im Oktober planmäßig nach acht Jahren. Damit wird er der erste Präsident in der Geschichte der EZB sein, in dessen Amtszeit die Zinsen kein einziges Mal angehoben, sondern immer nur weiter abgesenkt wurden. Ein Nachfolger wird wohl erst nach der Europawahl im Mai bestimmt werden. Als ein möglicher, aber wenig chancenreicher Kandidat gilt Jens Weidmann, Chef der Deutschen Bundesbank. Die EZB-Entscheidung am gestrigen Donnerstag kam für viele Investoren und Analysten überraschend. Der Euro gab in der Folge nach, ebenso die Kurse von Bankaktien.

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