Im Juni haben die globalen Aktienmärkte begonnen, sich von dem Kriegs- und Inflationsschock zu erholen. Sébastien Galy, Makrostratege bei Nordea Asset Management (Nordea AM), führt den Anstieg auf einen zunehmenden Optimismus der Marktteilnehmer zurück. Er glaubt aber auch, dass es zu "Zinsschocks" kommen kann – die wiederum Aktienanlegern eine Kaufchance bieten, wie er in einem Marktausblick schreibt. 

Der Ökonom verweist zur Begründung seiner Einschätzung auf die Lage in den USA: Dort halte sich die Nachfrage seitens der Verbraucher aus dem mittleren und oberen Segment unter anderem aufgrund eines bereits knappen Arbeitskräfteangebots am Markt gut. Das wiederum dürfte für positive Überraschungen sorgen, so dass auch die US-Notenbank die Fed die Geldpolitik etwas schneller straffen wird als derzeit erwartet. 

Schnelle Zinserhöhungen führen zu Schocks
"Der Höchststand der US-Leitzinsen wird für April 2023 bei 3,7 Prozent erwartet, doch die Chancen stehen gut, dass wir durch Zinserhöhungen in Schritten von 50 oder 75 Basispunkten viel schneller dorthin gelangen werden, gefolgt von einer langen Pause, in der die Fed die Auswirkungen ihrer Straffung und des Anti-Inflationspakets bewertet", so Galy. Solche schnellen Zinserhöhungen können aber für Schocks sorgen, die Gelegenheiten zum Aufbau von Positionen in Aktien zu günstigeren Kursen böten. 

Eine ähnliche, jedoch verzögerte Entwicklung erwartet der Experte von Nordea AM in Europa:  "Die europäischen Zentralbanken hinken der Entwicklung in den USA hinterher, und EZB-Direktoriumsmitglied Schnabel deutete jüngst an, dass die EZB in der Fortsetzung der Zinswende eine Zinserhöhung um 50 Basispunkte im September vornehmen könnte." 

Warnung vor Indextrackern
Auch in Europa sieht er dadurch Chancen für Schnäppchen-Jäger – außerdem bei börsennotierter Infrastruktur, einigen "grünen" Aktien und Immobilien. Zudem sieht er auf Index-Ebene für passive Investoren zwei große Probleme: "Zum einen ein hohes Klumpenrisiko in Titeln wie Apple, und zum anderen das "Risiko" eines Iran-Abkommens, das die Ölpreise deutlich nach unten drücken würde, nachdem dieser Sektor zuletzt eine starke Outperformance erzielt hat." (jb)