Trotz günstiger Bewertungen und des positiven Makrotrends verlief der Jahresauftakt für europäische Anlagen enttäuschend – dennoch glauben viele Anleger, dass das Jahr 2017 noch positive Überraschungen in Europa bringen könnte. Grundvoraussetzung dafür ist, dass negative politische Überraschungen ausbleiben, sagt Witold Bahrke, Makrostratege bei Nordea Asset Management. Anleger müssten derzeit drei Faktoren berücksichtigen, erklärt Bahrke: "Die Politik, China und die Banken."

Angesichts der anstehenden Wahlen in den Niederlanden, Frankreich, Deutschland und womöglich auch Italien spiele die Politik in diesem Jahr erneut eine Hauptrolle. Anleger sind nervös. "Mit gutem Grund, denn es fehlt an klaren Antworten auf die politischen Herausforderungen, denen sich Europa und die Währungsunion gegenübersieht", sagt Bahrke. Europäische Aktien seien zwar günstig, aber nicht günstig genug, solange die politische Unsicherheit nicht deutlich zurückgeht.

Nicht auf dem Schirm: China
China sei der zweite entscheidende Faktor, der die Aussichten Europas bestimme. Nicht zuletzt dank des schwachen Euro und der chinesischen Nachfrage konnte das europäische Wachstum über die Exporte in den jüngsten Quartalen wieder sein Trendniveau erreichen. Laut neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes ist China mittlerweile Deutschlands wichtigster Außenhandelspartner. Allerdings beruht der Wachstumsanstieg in China auf "alten Sünden", also in erster Linie auf einem politisch gewollten Kreditboom, der an dem deutlich schnelleren Geldmengenwachstum abzulesen ist. "Perspektivisch lautet die wichtigste Frage daher: Wie nachhaltig ist dieser kreditgetriebene Wachstumsmotor?", sagt Bahrke. Im Großen und Ganzen brauche China keine höhere Verschuldung – im Gegenteil. 

Der dritte Faktor schließlich betrifft die Banken und die Kreditwirtschaft. "Banken sind und bleiben ein Thema, mehr noch in Europa als in den USA, weil der Nichtfinanzsektor in Europa anders als etwa in den USA deutlich stärker von Bankfinanzierungen abhängig ist", sagt der Stratege. Entsprechend seien Kreditkennzahlen in der Regel gute mittelfristige Wachstumsindikatoren für den Euroraum. "Eine stärker aus sich selbst heraus getragene Erholung in Europa braucht nachhaltige Verbesserungen bei der Kreditversorgung", mahnt Bahrke an. (fp)