Glaubt man, dass die Vergangenheit immer auch eine Lehre für die Zukunft ist, dann sollten Investoren bei Tech-Aktien in den kommenden Wochen besonders vorsichtig sein. Historisch gesehen waren die Monate September und Oktober stets die schwächsten für US-Aktien, gerade der Oktober bescherte Anlegern oft zweistellige Verluste. Auch in diesem Jahr müssen sich Anleger auf einen volatilen Herbst einstellen, warnt Joseph Amato, Anlagestratege beim US-Vermögensverwalter Neuberger Berman.

Die Liste möglicher Risiken ist lang: Zum Winter hin droht eine weitere Covid-19-Welle, in den USA stehen die Präsidentschaftswahlen an, auch Japan steht vor einem Regierungswechsel, und in Europa streitet die EU mit Großbritannien über Neuregelungen ihrer Beziehungen nach dem Brexit. Der Ausverkauf vergangene Woche könnte bereits der erste Vorbote für einen unruhigen Herbst gewesen sein, fürchtet Amato.

Bewertungen sind noch moderat
Dabei lassen sich aber auch Argumente finden, die die hohen Kurse rechtfertigen. "Sobald ein Impfstoff existiert, könnte sich die Weltwirtschaft rasch erholen und auch Notenbanken dürften noch länger auf eine expansive Geldpolitik setzen", erklärt Amato. Auch der schwache US-Dollar spricht aus Sicht des Experten für weiter steigende Kurse.

Anleger dürfen nicht vergessen, dass an der Spitze der Kursrally Technologiewerte stehen, die von langfristigen Trends profitieren. "Wenn überhaupt, wurden diese Trends durch den Wechsel ins Homeoffice und die verstärkten Onlinekäufe forciert", sagt Amato. Die Bewertungen sind heute auch längst nicht so verrückt wie zu Zeiten der Dotcom-Blase vor 20 Jahren: "Microsoft mag jetzt zum 35-fachen der für das nächste Jahr erwarteten Gewinne gehandelt werden, aber 1999 und 2000 betrug das Kurs-Gewinn-Verhältnis etwa 65", erklärt der Experte. Das KGV von Cisco Systems, einem Highflyer jener Tage, war damals sogar auf fast 130 gestiegen. (fp)