Der Mandarine Unique investiert in wahre Branchenchampions. Marie-Jeanne Missoffe ist eine von drei Managerinnen des Nebenwerte-Fonds, der 2010 auf den Markt kam und seither auf reges Interesse stößt. Ende Oktober 2015 waren rund 680 Millionen Euro in ihm investiert. Die starke Performance ist sicherlich ausschlaggebend für den Erfolgs: Der Unique liegt über sämtliche Zeiträume unter den besten zehn Prozent seiner Vergleichsgruppe. Wir haben Marie-Jeanne Missoffe in Wien getroffen und sie nach den Chancen und Risiken im Nebenwerte-Segment gefragt.

Frau Missoffe, wer sind historisch gesehen die besseren Performer: Standard- oder Nebenwerte?

Marie-Jeanne Missoffe: Man sieht, dass Nebenwerte eine langfristige Outperformance gegenüber Large Caps vorweisen können. Der Stoxx Europe Small 200 hat den Stoxx Europe 600 seit 2000 um Längen geschlagen. Insbesondere in Wachstumsphasen oder in Phasen wirtschaftlichen Aufschwungs überzeugen Unternehmen mit niedrigerem Börsenwert.

Eine bessere Performance ist die eine Seite der Medaille. Die andere ist ein höheres Risiko.

Missoffe: Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass Nebenwerte grundsätzlich volatiler seien. Eigentlich ist es – Krisen wie 1998 und 2008 mal ausgenommen – genau anders herum.

Dennoch scheuen gerade institutionelle Investoren eine höhere Portfoliogewichtung. Als größtes Hindernis gilt mangelnde Liquidität.

Missoffe: Liquidität ist sicherlich das größte Risiko. Bei vielen wirkt noch immer das Trauma von 2008 nach, als alle zugleich raus wollten. Darauf achten wir also besonders, wir wollen zu jedem beliebigen Zeitpunkt verkaufen können. Berechnungen zeigen, dass es etwas mehr als eine Woche dauern würde, um das Portfolio größtenteils zu Cash zu machen. 50 Prozent der Positionen könnten wir innerhalb von zwei oder drei Tagen liquidieren. Ich bin aber überzeugt: Wer in Nebenwerte investiert, muss geduldig sein, und wie man sieht, macht es sich auch bezahlt.

Nicht wenige lassen sich auch von der mangelnden Transparenz abschrecken. Zurecht?

Missoffe: Ich glaube nicht, dass kleine und mittelständische Unternehmen weniger transparent sind als Großkonzerne. Im Gegenteil: Für mich persönlich ist es schwieriger, einen Konzern ganz und gar zu verstehen. Ich bin am Ende immer angewiesen auf Finanzanalysten. Bei kleineren Firmen ist das nicht der Fall, sie bewegen sich häufig in Nischen oder haben nur ein Produkt im Sortiment. Hier ist es viel einfacher zu verstehen, wie das Geschäft funktioniert und wie konkurrenzfähig es ist. Letztlich haben wir auch einen besseren Zugang zum Top-Management.

Ist es nicht schwieriger, an Informationen zu kommen?

Missoffe: Nein. Die durchschnittliche Marktkapitalisierung der Firmen im Fonds liegt bei vier Milliarden Euro, wir reden also nicht mit Amateuren. Unternehmen dieser Größe wissen mit Investoren umzugehen, sie arbeiten sehr professionell und sind offen. Früher war das schwieriger. Die Firmen waren noch sehr viel kleiner. Heute bieten sie ihre Produkte und Dienstleistungen international an und gehören zu den Besten in ihrer Nische – speziell jene, in die wir investieren.

Worauf achten Sie?

Missoffe: Der Fonds investiert in einzigartige Businessmodelle, die eines von vier Kriterien erfüllen müssen: einen Marktanteil von mindestens 25 Prozent, keine börsennotierte Konkurrenz in Europa, eine markterschließende Technologieführerschaft oder eine besondere geografische Ausrichtung. Hiermit grenzen wir das Investmentuniversum auf rund 350 Positionen ein. Daraus wählen wir jene Werte aus, von denen wir hinsichtlich einzelner Growth-Kriterien am stärksten überzeugt sind.

Welche Chancen rechnen Sie sich aktuell aus?

Missoffe: Für den Moment sind wir sehr optimistisch. Die Bewertungen sind vergleichsweise attraktiv. Das Marktumfeld scheint günstig. Tendenziell sind Small und Mid Caps primär auf den Heimatmarkt ausgerichtet, sie profitieren also überproportional von einer konjunkturellen Erholung. Europa ist also der Ort schlechthin. Auf Branchenebene sehen wir vor allem bei Konsumwerten großes Potenzial.

Vielen Dank für das Gespräch. (dw)