Italien drohe eine Kreditklemme im Umfang von 100 Milliarden Euro, sagte Italiens Verteidigungsminister Guido Crosetto, ein Mitglied der Rechtspartei Fratelli d'Italia von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. In einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit der Zeitung "La Stampa" verwies er auch auf den Plan der EZB zur Verkleinerung ihres Anleihenportfolios, der sogenannten quantitativen Straffung, sowie auf die Kapitalempfehlungen der Europäischen Bankenaufsicht. 

Unwillkommenes "Geschenk" für Italien
"Eine Kreditbeschränkung zu diesem Zeitpunkt ist eine sehr gravierende Entscheidung", so Crosetto. Er war bereits vergangene Woche der erste italienische Regierungsvertreter, der den EZB-Zinsbeschluss vom Donnerstag als unwillkommenes "Geschenk" für Italien bezeichnete. Dieser Sicht schloss sich dann auch Vizepremier Matteo Salvini an.

Das Haushaltsgesetz, das Melonis Rechts-Regierung vorbereitet, dürfte mit den Empfehlungen der Europäischen Union weitgehend übereinstimmen. Indessen kommt aus Rom sowohl an der EZB als auch an der italienischen Notenbank Kritik. Meloni erklärte in ihrer ersten Rede im Parlament, dass die Zinsschritte der EZB eine "voreilige" Entscheidung seien und Ländern wie Italien schaden würden.

"Die Entscheidungen dieser angeblich technischen Institutionen werden getroffen als wären sie Ufos, ohne die Folgen zu bedenken und ohne für diese Entscheidungen, die negative Auswirkungen auf die europäischen Völker und Nationen haben, verantwortlich zu sein", sagte Crosetto im "La Stampa"-Interview.

Gestiegener Renditeaufschlag
Außenminister Antonio Tajani sagte in einem Interview mit "Il Sole 24 Ore", dass die EZB zwar in ihren politischen Entscheidungen unabhängig sei, es aber "ein Fehler ist, die Kreditkosten für Unternehmen und Haushalte in dieser Phase zu erhöhen". Die Inflation sei hauptsächlich auf hohe Energiekosten zurückzuführen.

Der Renditeaufschlag zehnjähriger Italienbonds gegenüber deutschen Bundesanleihen weitete sich vergangene Woche nach der EZB-Entscheidung auf 214 Basispunkte aus. Damit erreichte der weithin beachtete Risikoindikator den höchsten Wert seit Anfang November. (mb/Bloomberg)