Kein Zweifel: Dividenden sind für den Erfolg von Aktieninvestments von großer Bedeutung. Inklusive Dividenden legte der Aktienindex Dax in den vergangenen 20 Jahren kumuliert um 141 Prozent zu. Ohne Hinzurechnung der Ausschüttungen lag das Plus bei relativ bescheidenen 46 Prozent. "Annualisiert macht das 4,5 Prozent versus real negativen 1,9 Prozent", rechnet Morningstar-Chefredakteur Ali Masarwah vor. Ursächlich hierfür ist der Zinseszins-Effekt, der so aber nur bei thesaurierenden Fonds zum Tragen kommt. Und genau hier machen Fondsanleger den ersten von vielen denkbaren Fehlern.

Achtung, Ausschüttung!
Auch bei Dividendenfonds machen Ausschüttungen einen Löwenanteil des Langfristerfolgs aus. "Macht man obere Rechnung für ausgewählte Fonds auf, dann fällt die Bilanz ähnlich aus wie beim Dax", sagt Masarwah. So erwirtschaftete der größte Dividendenfonds in Europa, der gut 17,5 Milliarden Euro schwere DWS Top Dividende, unter der Annahme, dass die Fonds-Ausschüttungen reinvestiert werden, in den vergangenen zehn Jahren eine Performance von kumuliert 85 Prozent. Rechnet man den Einfluss der Ausschüttungen heraus, dann hätte das Plus zwischen Mai 2008 und Ende April 2018 nur bei 34 Prozent gelegen.

Das Problem: Ähnlich wie viele andere Portfolios von Wettbewerbern, die den Begriff "Dividende" im Namen tragen, ist auch der DWS-Bestseller ein ausschüttendes Produkt, was bedeutet: Den an sich wünschenswerten Zinseszins-Effekt gibt es so nicht. "Anleger, die den Fonds gekauft und im Depot liegenließen, hätten über die Jahre einen Batzen Nullzins-Cash auf ihrem Verrechnungskonto aufgewiesen", kritisiert Masarwah. Zwar existiert mit dem in Luxemburg aufgelegten Deutsche Invest I Top Dividend auch eine thesaurierende Variante des DWS Top Dividende, die allerdings ist mit laufenden Kosten in Höhe von 1,59 Prozent pro Jahr rund 0,15 Prozentpunkte teurer als das Original. 

Dividenden sind kein Verlustpuffer und...
Damit ist die Denkfehlerliste aber noch längst nicht abgearbeitet. Dass Dividenden einen Großteil der langfristigen Aktien-Performance ausmachen, bedeutet nicht, dass im Umkehrschluss Aktien mit besonders hohen Dividendenrenditen eine überdurchschnittliche Performance erwirtschaften. "Das kann so sein, muss es aber nicht", mahnt Masarwah. So lag der Aktienindex MSCI World in den vergangenen zehn Jahren mit einem Plus von 8,2 Prozent pro Jahr deutlich vor dem globalen Dividendenindex MSCI World High Dividend Yield, der nur um knapp sieben Prozent zulegte.

Häufig bekommen Anleger zu hören, die Dividendenrendite böte obendrein eine Art eingebauten Fallschirm gegen allzu hohe Kursstürze. "Dass Dividenden bei fallenden Märkten einen Puffer bilden, ist mehr Legende als Wahrheit", hat Masarwah herausgefunden: Auch die Drawdowns waren beim globalen Dividendenindex mit gut 55 Prozent höher als beim MSCI World, bei dem der maximale Verlust seit Mai 2007 bei 49 Prozent lag. Es komme eben auf die Geschäftsmodelle der Unternehmen im Fonds an, nicht auf die Frage, ob und wieviel Dividenden sie ausschütten. So zählten vor Ausbruch der Finanzkrise ausgerechnet Bankaktien wegen ihrer hohen Dividendenrenditen zu den Lieblingen der Fondsmanager. Nach 2008 stürzten Bankpapiere lotrecht ab – da half auch ihre Ausschüttungsfreudigkeit wenig.

...zahlstarke Aktien nicht per se besser
Viele Dividendenfonds-Käufer machen zudem keinen Unterschied zwischen Ausschüttungen und Dividenden. Ausschüttende Produkte gibt es in jeder Fondsgattung: Immobilienfonds, Rentenfonds, Mischfonds, sogar alternative Fonds können laufende Erträge liefern. "Dividendenfonds dagegen sind stets Aktienfonds, und als solche können sie stark schwanken", sagt Masarwah. Und das tun sie auch: Globale Dividendenportfolios haben in den vergangenen zehn Jahren Verluste von durchschnittlich knapp 50 Prozent erlitten. "Es stellt sich deshalb die Frage, ob Anleger, die regelmäßige Ausschüttungen brauchen, mit Dividendenfonds wirklich am besten aufgestellt sind", so der Morningstar-Fachmann.

Laut ihm dürften viele ausschüttende, defensive Mischfonds die Funktion einer stabilen Ertragsquelle deutlich besser erfüllen als Dividendenfonds, eben weil sie in der Regel weniger im Wert schwanken als reine Aktienprodukte. "Wer der Meinung ist, dass ein Aktienfonds der beste Garant für die optimale Langfristrendite ist, der kann ebenso gut auf einen Auszahlplan zurückgreifen, der sich bei jedem Aktienfonds implementieren lässt", sagt Masarwah. Es muss also nicht unbedingt ein Dividendenfonds sein. (fp/ps)