In den dieser und der kommenden Woche stehen zwei wichtige Notenbankentscheidungen an. Zunächst trifft sich die Europäische Zentralbank (EZB) am 8. Juni in Tallinn, ehe am 13. und 14. Juni Janet Yellen und das Offenmarktkomitee der US-Notenbank Fed über die Geldpolitik in den USA beraten. Nachdem sich in den vergangenen Monaten die wirtschaftlichen Perspektiven im Euroraum aufgehellt haben, sind vor allem in Deutschland die Stimmen lauter geworden, die auch von der EZB eine Abkehr von der expansiven Geldpolitik fordern.

Vermutlich bleibt die Umsetzung dieser Forderung ein frommer Wunsch, sagen die Analysten der Privatbank M.M.Warburg. Das mag in Hinblick auf die gute Konjunkturlage verwundern – schließlich deuten die meisten Frühindikatoren für die Eurozone auf ein anhaltend günstiges Konjunkturumfeld hin. Doch von ihrem wichtigsten Ziel, nämlich die Inflationsrate in Richtung zwei Prozent zu bewegen, ist die Notenbank nach wie vor weit entfernt. Deshalb ist es  wahrscheinlich, dass die EZB an der grundsätzlichen Ausrichtung ihrer Geldpolitik festhält. Anleger, die darauf setzen, dass die Zinsen in der Eurozone bald wieder steigen, müssen sich wohl weiter in Geduld üben.

US-Notenbanker bleiben standhaft
Die Fed wird an ihrem Kurs festhalten und die Leitzinsen auf ihrer nächsten Sitzung ein weiteres Mal anheben, ist man bei M.M.Warburg überzeugt. Für die folgenden Sitzungen gehen die Meinungen auseinander: Der Dezember-Fed-Futures-Kontrakt zeigt, dass nur noch 50 Prozent der Marktteilnehmer bis dahin mit einer weiteren Zinserhöhung rechnen. Die Neupositionierung der Anleger lässt sich auch an dem Commitments of Traders Report der CFTC erkennen.

So hatten die spekulativ handelnden Marktteilnehmer bis März dieses Jahres eine rekordhohe Short-Position bei Futures und Optionen auf zehnjährige US-Treasuries aufgebaut, in der Erwartung deutlich steigender US-Renditen. Seit Ende April hat sich das Blatt aber gewendet. Waren die Spekulanten vorher massiv short, haben sie mittlerweile die größte Long-Position seit dem Jahr 2007 aufgebaut. Sollte die Fed im Juni an ihrer bisher kommunizierten Linie festhalten, könnte das die Spekulanten zu einem erneuten Schwenk in ihren Positionen veranlassen. Die Renditen könnten dann wieder etwas stärker ansteigen.

Greenback hat Aufwertungspotenzial
Die Daten der CFTC zeigen auch, dass der in den vergangenen Wochen vergleichsweise starke Euro ebenfalls auf eine Neupositionierung der Spekulanten zurückzuführen war, die auf einen noch schwächeren US-Dollar wetten. Angesichts der restriktiveren US-Geldpolitik und des in diesem Jahr wieder stärkeren US-Wachstums gehen die Analysten von M.M.Warburg aber davon aus, dass der US-Dollar in der kommenden Zeit wieder aufwerten wird. Die Wetten der Spekulanten scheinen den Experten also in beiden Fällen zu gewagt. (fp)