Nach dem Referendum in der Türkei am 16. April werden die wirtschaftlichen Folgen der Abstimmung über das politische System des Landes wohl noch deutlicher zutage treten als bisher, erklärt die Privatbank M.M.Warburg: "Vor allem die zunehmenden direkten Eingriffe der Regierung in die Wirtschaft verunsichern die Unternehmen und führen zu einer stark abnehmenden Investitionsneigung." Seit dem gescheiterten Militärputsch im vergangenen Jahr gab es in der Türkei bereits beachtliche politische Veränderungen – die auch die Ökonomie des Landes beeinflussen dürften.

Zu den staatlichen Eingriffen gehört etwa der Druck auf die Banken, die Kreditvergabe weiter auszuweiten. Dabei ist die private Verschuldung zwischen den Jahren 2012 und 2015 bereits sprunghaft von 112 auf 192 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gestiegen. Die Schuldenausweitung betrifft ganz besonders den Unternehmenssektor, der im Vergleich zu anderen Schwellenländern mittlerweile einer der am höchsten verschuldeten ist. Aber auch der Haushaltssektor hat sein Kreditvolumen vor allem für den Hauskauf stark ausweitet. Die Immobilienpreise sind seit 2010 nach Abzug der Inflationsrate um 35 Prozent gestiegen.  

Hohe Auslandsschulden
Kritisch zu sehen sei vor allem, dass die Türkei im Ausland hoch verschuldet ist, erklären die M.M.-Warburg-Strategen. Die Auslandsverschuldung habe sich von 38 Prozent im Jahr 2008 auf rund 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2016 ausgeweitet. "Wir sehen daher eine wachsende Gefahr, dass es in absehbarer Zeit zu einer Zahlungsbilanzkrise kommt", so M.M.Warburg. Im Moment profitiere die Türkei noch von der starken konjunkturellen Entwicklung der Weltwirtschaft und der verzweifelten Suche der Anleger nach Rendite im Niedrigzinsumfeld. Das Land stehe allerdings ganz oben auf der Liste der Krisenkandidaten, wenn die Stimmung drehen sollte – wenngleich die Türkei nicht das Potenzial habe, einen Flächenbrand unter den Schwellenländern auszulösen. (fp)