Der jüngste Anstieg der Inflation in Deutschland wird kurzfristig nicht dazu führen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Geldpolitik grundlegend ändert, meint Carsten Klude, Chefvolkswirt von M.M. Warburg. Denn die Preise in der gesamten Eurozone seien im Dezember 2016 nur um 1,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr angestiegen – also deutlich weniger als in Deutschland.

Zudem sei der Inflationsanstieg in erster Linie auf einen Basiseffekt bei den Energiepreisen zurückzuführen, sagt Klude. "Die Angst vor einer zu hohen Inflation ist unseres Erachtens nach unbegründet. Im Gegenteil, etwas höhere Inflationsraten haben zum Teil sogar positive Nebenwirkungen." Dies gelte zum Beispiel für die Staatsverschuldung.

Reduzierung der EZB-Anleihekäufe ante portas
Diese Überlegungen haben für die Geldpolitik der EZB eine höhere Priorität als das Inflationsziel, meint Klude. Denn das Anleihekaufprogramm gewährleiste, dass die Zinsen, zu denen sich die Staaten refinanzieren, sehr niedrig bleiben – selbst wenn die Inflationsrate ansteigt. "Da die EZB mit ihrer Geldpolitik das kurze Ende der Zinsstrukturkurve kontrolliert und für anhaltend niedrige Renditen sorgt, dürfte es auch bei längeren Restlaufzeiten nur zu geringen Effekten kommen", sagt Klude. "Spannend wird es jedoch in der zweiten Jahreshälfte. Wohl spätestens Ende des dritten oder Anfang des vierten Quartals wird die EZB sich zur Geldpolitik im Jahr 2018 äußern."

Die etwas höhere Inflationsrate und ein sich abzeichnendes stabiles Wirtschaftswachstum sprächen dafür, dass die Notenbank eine Reduzierung der Anleihenkäufe – das sogannte Tapering – beschließen wird, glaubt Klude. "Für diesen Fall könnten die Renditen in der Eurozone zum Jahresende hin wieder stärker ansteigen." Dennoch bedeute dies nicht, dass wieder rosige Zeiten für Zinsanleger anbrechen, denn im historischen Vergleich würden die Zinsen und Renditen wohl niedrig bleiben. (fp)