Bei der IWF-Jahrestagung waren sich die meisten Teilnehmer einig, dass sich die Emerging Markets dauerhaft an eine Welt mit geringeren Mittelzuflüssen und niedrigeren Rohstoffpreisen gewöhnen müssen. Nach Einschätzung von Claudia Calich, Anleihespezialistin beim Fondsanbieter M&G, wird dieser Anpassungsprozess bereits zielstrebig vorangetrieben: "Seit Anfang 2014 hat die gesamte Anlageklasse durchaus ansehnliche Erträge vorgelegt, zum Teil bedingt durch niedrigere Renditen der US-Staatsanleihen sowie engere Spreads." Außerdem hätten viele Währungen, eine der wichtigsten Stellschrauben bei der Anpassung an das neue Umfeld, zuletzt abgewertet.

Im kommenden Jahr könnte nach Meinung von Ökonomen und Investoren das größte Risiko für die Schwellenmärkte allerdings vom nachlassenden Wachstum in China und anderen Ländern ausgehen. Darin spiegelt sich die Sorge um eine stotternde Weltkonjunktur, bei der die USA die schwachen Daten aus Europa und Japan nicht ausgleichen können. "Schwellenländeranleihen dürften sich nächstes Jahr eher mäßig entwickeln. Die Erträge werden wohl eher im unteren einstelligen Bereich liegen", sagt Calich. Zurückhaltung hält sie insbesondere bei einzelnen Emittenten wie der Ukraine, Venezuela, Argentinien, Brasilien und Russland für geboten – die Länderauswahl bleibe für Anleger von entscheidender Bedeutung.

Renditedifferenz wird kleiner
Bei in lokalen Währungen denominierten Anleihen hält die M&G-Expertin es angesichts der jüngsten Rallye bei den US-Zinsen und wegen des Rückgangs der Rohstoffpreise mittlerweile für angemessen, die Duration in einigen Ländern zu erhöhen. Die Notenbanken diverser Schwellenländer sind bereit, ihre Währungen weiter abwerten zu lassen, ohne gleichzeitig die Geldpolitik zu verschärfen. Die Währungshüter gehen davon aus, dass ein möglicher Inflationsdruck nur vorübergehender Natur sein wird. "Dies gilt insbesondere für Staaten mit einer Produktionslücke wie etwa Chile oder aber für Länder wie Kolumbien, in denen die Geldpolitik bereits wieder verschärft wird", so Calich. Ihrer Meinung nach werden die Erträge von in Hartwährungen denominierten Papieren 2015 eher mäßig ausfallen, während die Renditedifferenzen zwischen auf Hartwährungen lautenden sowie in lokalen Währungen denominierten Anleihen enger sein sollten als im laufenden Jahr. (dw)