Wolfgang Bauer, Fondsmanager Anleihen bei M&G Investments, geht auf die möglichen Auswirkungen von Koalitionsgesprächen in Berlin auf die Rentenmärkte ein. Vor dem Hintergrund, dass nur 56,4 Prozent der SPD-Delegierten überhaupt für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen stimmten, zeige dieses Ergebnis laut Einschätzung Bauers, wie tief gespalten die Sozialdemokraten in dieser Frage sind. "Falls aber das schlechteste Szenario eintreten würde – wenn die Koalitionsverhandlungen scheitern oder die SPD-Mitglieder die Verhandlungsergebnisse ablehnen – dann würden wir Neuland betreten", meint Bauer.

Es wäre nicht klar, was dann passiert: Würde Bundeskanzlerin Angela Merkel versuchen, eine Minderheitsregierung zu führen? Käme es zu Neuwahlen, mit ihr oder ohne sie an der Spitze der CDU? "Diese politische Unsicherheit in Europas größter Volkswirtschaft könnte die Märkte erschüttern. Ich erwarte eine Zunahme der Volatilität und zumindest vorübergehend einen gewissen Druck auf die europäischen Risikoaktiva", prognostiziert Bauer.

Politiker kommen teuer
Wenn am Ende eine neue große Koalition gebildet würde, wäre diese aller Voraussicht nach bei den Anhängern aller beteiligten Parteien nicht besonders beliebt. So gäbe es einen starken Anreiz für die neue Regierung, die Wählerbasis mit teuren Geschenken in Form von höheren Sozialausgaben oder Steuersenkungen zu beschwichtigen.

So wurde diskutiert, den Solidaritätszuschlag auf die Einkommensteuer teilweise auslaufen zu lassen. Eine deratige Lockerung der Haushaltsdisziplin könnte dazu führen, dass das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts ("Schwarze Null") aufgegeben wird. "Das könnte das Angebot an deutschen Staatsanleihen erhöhen, während die EZB gleichzeitig ihr Ankaufsvolumen und damit die Nachfrage nach Staatsanleihen reduzieren würde. Diese ungünstige Nachfrage- und Angebotsdynamik würde die Bewertung deutscher Staatsanleihen unter Druck setzen", warnt Bauer. (aa)