Auf die Gefahr, dass eine inverse Zinskurve der Vorbote einer Rezession sein kann, wurde schon mehrfach hingewiesen. Das Problem: Wenn länger laufende Anleihen geringere Renditen abwerfen als kürzer laufende, ist das oft ein Zeichen dafür, dass die Markteilnehmer mehrheitlich keine weiteren Zinssteigerungen erwarten, was wiederum in der Regel mit der Aussicht auf eine wirtschaftliche Rezession verbunden ist. Aktuell scheint der Markt genau dieses Szenario einzupreisen.

So liegen die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen mit 1,92 Prozent um 0,2 Prozentpunkte unter den Renditen für zweijährige Bundesanleihen. Die Experten von Merck Finck gehen davon aus, dass sich diese Inversion sogar nochmals leicht ausweiten wird. Per Ende nächsten Jahres rechnen die Münchner mit einer Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe bei 2,1 Prozent, während die EZB ihre Leitzinsen noch etwas weiter bis auf drei Prozent hochfahren dürfte. Das sei zuletzt im November 1990 der Fall gewesen, über zwei Jahre lang habe die Renditedifferenz bis zu 1,3 Prozentpunkte betragen und im Jahr 1993 habe sich Deutschland dann auch in einer Rezession befunden.

Vorwegnahme der Inflationsentwicklung
Aber ist die invertierte Zinskurve damit zwangsläufig eine schlechte Nachricht? "Nein", erklärt Robin Beugels, Leiter Investment Management bei der Privatbank, denn die inverse Zinskurve kann nicht nur als Vorbote einer Rezession gewertet werden, sondern auch als Anzeichen eines Wendepunktes bei der Inflation." In den USA sei in den vergangenen Monaten genau das zu beobachten gewesen. Hier sei die Zinskurve bereits seit Anfang Juli dieses Jahres invers. "Damit nahmen die Marktteilnehmer relativ präzise die vorläufige Wende der Inflationsentwicklung in den USA vorweg", so Beugels. Diese habe nämlich im Juni mit neun Prozent ihren bisherigen Höhepunkt und ist nun seit vier Monaten rückläufig (zuletzt 7,7 Prozent).

"Die inverse Zinskurve könnte also diesmal eher ein Grund zum Aufatmen sein, vor allem für die inflationsgeplagten Verbraucher und industriellen Großeinkäufer", macht Beugels Mut. "Denn eine vorübergehende Rezession ist für Wirtschaft und Bürger allemal besser zu verkraften als eine weiter anhaltend hohe Inflation." Für Anleger bedeute das: Es erscheine ratsam, mit Blick auf die von der Zinssituation angezeigten Rezessionsrisiken insbesondere Risiken in Unternehmensanleihen, hauptsächlich Hochzinsanleihen, zu reduzieren. Denn aufgrund der sich abschwächenden Bonität einzelner Unternehmen und zu erwartenden Ratingherabstufungen sei hier eine vorsichtigere Positionierung zu empfehlen.

Langlaufende Anleihen als Ausgleich zu schwächeren Anlageklassen
"Eine weitere Möglichkeit wäre eine Investition in langlaufende, sichere Anleihen", so Beugels. "Denn sofern im Falle einer Rezession die langfristigen Zinsen aufgrund der Flucht in sichere Häfen tendenziell etwas sinken würden, könnten sie einen teilweisen Ausgleich zu sich schwächer entwickelnden Anlageklassen darstellen." Grund dafür sei, dass langlaufende Anleihen im Vergleich zu kürzeren stärker im Kurs steigen, wenn die Renditen fallen. Als Faustregel nennt der Merck-Finck-Mann: "Je kürzer die Laufzeit der Anleihen, desto geringer ist die Kursbewegung bei sich änderndem Zinsniveau." (hh)