Die Premiere im neuen Jahr bot wenig Überraschendes. Europas Währungshüter belassen den Leitsatz zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld wie schon seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Der sogenannte EZB-Einlagensatz steht weiterhin bei minus 0,4 Prozent. Im begleitenden Pressetext bekräftigten die Notenbanker, die Schlüsselzinsen würden weit über die Zeit der Anleihenkäufe hinaus auf dem aktuellen Niveau bleiben.

Eine rasche Zinswende, wie sie die USA bereits eingeläutet haben, hält Draghi für eher unwahrscheinllich. "Auf Basis der heutigen Daten sehe ich wenig Chancen, dass die Zinsen in diesem Jahr noch angehoben werden“, sagte der EZB-Präsident am Donnerstag. Zudem ließ Draghi keinen Zweifel daran zu, dass die historisch einzigartigen und insbesondere in Deutschland umstrittenen Anleihenkäufe noch bis mindestens Ende September 2018 fortgesetzt werden sollen – und dann ein Gesamtvolumen von 2,55 Billionen Euro erreicht haben dürften.

Und auch eine Hintertür bleibt sperrangelweit offen: Im Notfall – beispielsweise, wenn die Inflation nicht anspringt oder sich die bislang exzellente Konjunkturentwicklung in Europa wieder verdüstert – will die EZB ihr Anleihekaufprogramm weiterhin hinsichtlich Umfang oder Dauer ausweiten.

Missmut bei Beobachtern
Erste Reaktionen fallen gemischt aus: "Es wird für Mario Draghi immer schwieriger, die nach wie vor sehr lockere Geldpolitik der EZB zu rechtfertigen", meint Otmar Lang, Chefvolkswirt der Targobank. Die US-Notenbank Fed habe gezeigt, wie es besser geht. "Das Ende ihrer Nullzinspolitik war auch deshalb so effektiv, weil andere Notenbanken zu diesem Zeitpunkt in ihrer expansiven Geldpolitik nochmals richtig nachgelegt haben", sagt Lang. 

"Die Europäische Zentralbank hat heute die Chance vertan, ein neues Signal in Richtung einer geldpolitischen Normalisierung zu senden“, findet hingegen Christian Ossig vom deutschen Bankenverband, und fügt an: "Stattdessen verharrt sie tief im Krisenmodus“.

Anhaltende Euro-Stärke birgt Handlungsbedarf
Überraschend deutliche Worte habe Draghi indes zur Entwicklung des Euro gefunden, meint Karsten Junius, Chefökonom bei der Bank J. Safra Sarasin. Offensichtlich sei Draghi verärgert über die Äußerungen des US-Finanzministers Steven Mnuchin in Davos gewesen. Der Amerikaner hatte gesagt, ein schwacher Dollar sei gut für die amerikanische Wirtschaft. Draghi sehe darin eine Abkehr von bisherigen Spielregeln, die für die Regierungen und Notenbanken gälten, um Währungskriege zu vermeiden. "Normalerweise äußern sich Vertreter von Notenbanken nicht so explizit zu Wechselkursfragen. Nach dieser starken Aussage Draghis ist nun die US-Administration an der Reihe, das Statement vom Mittwoch zu relativieren", so Junius.

"Draghi hat kaum etwas gegen die Stärke des Euro unternommen", beobachtet hingegen Timothy Graf. Die Zentralbank scheine die Euro-Rally wohl als Erfolgsnachweis ihrer Lockerungspolitik zu tolerieren, glaubt der Leiter der Abteilung Macro Strategy für EMEA bei State Street Global Markets. "Bis zur nächsten Sitzung am 8. März werden noch zweimal Inflationsdaten veröffentlicht. Alle werden diese Daten genauestens daraufhin analysieren, ob es Spielraum für ein schnelleres Ende der geldpolitischen Lockerung geben könnte", sagt Graf. (ps)