Der Kurswechsel von EZB-Chef Mario Draghi in der Zinspolitik wird nicht ohne Folgen für die Kapitalmärkte bleiben. Davon ist Manfred Schlumberger, Fondsmanager und Vorstand des Vermögensverwalters Starcapital aus Oberursel überzeugt. "Für die Aktienmärkte ist die anvisierte Zinswende jedoch nicht tragisch", erklärt der Experte. Nach seiner Einschätzung könnte die Wende zusammen mit der kommenden Berichtssaison und der durch Nordkorea herbeigeführten heiklen Lage in Asien zwar für etwas mehr Volatilität an den Finanzmärkten sorgen. "Für Anleger können sich aber auch Chancen ergeben", ist Schlumberger überzeugt.

Für den Meinungsumschwung des EZB-Präsidenten erkennt der Experte einige gute Gründe. Dazu zählt der wachsende Mangel an ankauffähigen Staatsanleihen ebenso wie das Verschwinden des von Draghi lange beschworenen Deflationsgespensts. Hinzu kommt das entgegen aller Erwartungen gute Wachstum in der Eurozone. Eine anziehende Kreditvergabe an private Haushalte und Unternehmen in Euroland tun ein Übriges. 

Finanzsektor kann wieder seine Aufgabe übernehmen
"Es wird Liquidität in den realen Wirtschaftskreislauf gepumpt", erklärt Schlumberger. Der Finanzsektor könne daher wieder seine originäre Aufgabe übernehmen. Banken seien in der Lage, bei steigenden Zinsen ihr Kreditvolumen weiter auszuweiten.

Der beginnenden Reflationierungstrend werde unterschiedliche Auswirkungen auf die liquiden Anlageklassen Renten, Rohstoffe, Edelmetalle und Aktien haben. "Bei den Renten sind lediglich inflationsindexierte Papiere interessant, außerdem ausgewählte Hochzinsanleihen und Schwellenländer-Bonds", urteilt der Experte. Bei den Rohstoffwerten sieht er aufgrund stark reduzierter Minenkapazitäten Gelegenheiten im Metallsektor. Die Edelmetallpreise könnten sich dann erholen, wenn die Notenbanken mit ihren Leitzinsen der Inflationsentwicklung hinterherhinken.

Leicht steigende Zinsen sind keine Spielverderber
"Leicht steigende Zinsen sind für die Aktienmärkte keine Spielverderber", so der Starcapital-Manager. Ungemütlich werde es erst, wenn die Konjunktur ab einem bestimmten Zinsniveau ins Stocken gerate. Dann steige die Wahrscheinlichkeit von Aktienmarkteinbrüchen.

"Derzeit rückt aber vielmehr die Gewinnentwicklung der Unternehmen in den Mittelpunkt", so Schlumberger. Und hier gebe es seit Ende vergangenen Jahres kräftigen Rückenwind. Unter Berücksichtigung der Marktbewertung hält der Investmentexperte Anlagen in Europa, Japan und den Schwellenländern für interessant, da in einem Reflationierungstrend generell niedrig bewertete Unternehmen outperformen würden. (am)