Am US-amerikanischen Aktienmarkt gab es zuletzt heftige Turbulenzen. Der Nasdaq hat fast zehn Prozent verloren, die Tesla-Aktie stürzte zwischenzeitlich sogar um mehr als 25 Prozent ab – ohne, dass es dafür einen erkennbaren Anlass gegeben hätte. Am europäischen Markt ging es weniger steil abwärts. Dort waren die Kurse aber zuvor auch nicht ganz so massiv gestiegen wie an der Wall Street. "Auf den großen Rausch folgt nun ein schwerer Kater", kommentiert Olivier de Berranger, Investment-Chef bei La Financière de l’Échiquier (LFDE).

Der Anlageexperte weist auf die zahlreichen Risiken hin, die dazu angetan sind, die Märkte zu belasten: Naturkatastrophen wie die verheerenden Waldbrände in Kalifornien, die tiefe gesellschaftliche Spaltung in den USA, die stockenden Brexit-Verhandlungen, die ambitionierten Bewertungen zahlreicher Tech-Aktien und natürlich nicht zuletzt die nach wie vor grassierende Covid-19-Pandemie. "Manche kurzfristigen Anreize werden ihre Wirkung auf die Stimmung am Markt verlieren", prophezeit de Berranger. Mit einer Baisse rechnet aber dennoch nicht.

Langfristiger Aufwärtstrend ist intakt
Die jüngsten Rücksetzer betrachtet der LFDE-Experte eher als Verschnaufpause denn als Auftakt zu einem Bärenmarkt. "Es wäre kurzsichtig, die Hoffnung in den Markt zu verlieren. Denn die jüngsten Äußerungen der Zentralbanken wirken stimulierend", erklärt er. "Zentralbanken in aller Welt verfolgen im Kielwasser der Fed weiterhin einen Lockerungskurs oder verschärfen ihn sogar." Die Liquidität, die in den Markt gepumpt wird, dient dem Strategen zufolge als Sicherheitspolster, auf dem der Markt sozusagen seinen Kater auskurieren kann.

Ohne Folgen dürfte die Korrektur indes nicht bleiben. Sie könnte immerhin dazu dienen, allzu euphorischen Anlegern einen Dämpfer zu versetzen, urteilt de Berranger. "Wenn der Kater vorbei ist, wird der Markt die Risiken, die die Weltwirtschaft belasten, deutlich wahrnehmen", ist er überzeugt – etwa den zunehmenden Protektionismus sowie gesellschaftliche und ökologische Herausforderungen. "Nichts deutet darauf hin, dass die Stellschrauben, die den langanhaltenden Anstieg des Marktes abgesichert haben, gebrochen sind", betont der Stratege. (fp)