Seit Monaten spekulieren die Märkte darüber, wann die US-Notenbank (Fed) damit beginnen wird, die Leitzinsen zu senken. HQ-Trust-Analyst Pascal Kielkopf hat untersucht, wie gut die Märkte darin sind, die Entscheidungen der US-Zentralbank vorherzusagen. Sein Ergebnis: Es kommt darauf an, in welche Richtung die Zinsen gehen.

Der Kapitalmarktanalyst hat dazu die Entwicklung der Terminsätze betrachtet. An ihnen lässt sich ablesen, welche Entscheidung die Märkte einpreisen. Dabei sind sie naheliegenderweise umso besser, je näher die Zinsentscheidung rückt. In den Tagen und Wochen vor den Sitzungsterminen reagieren die Terminsätze sensibel auf jede Veröffentlichung von Inflations- und Konjunkturdaten sowie die Aussagen der Fed-Gouverneure.

Der Analyst untersuchte die Erwartungen über einen Zeitraum von 26 Wochen bis zum Tag der Zinsentscheidung, von August 2005 bis April 2024. Ein Ergebnis: "Im Schnitt gelang es den Marktteilnehmern 14 Wochen vor einer Zinsentscheidung der Fed diese richtig vorherzusagen."

Zinserhöhungen sind besser abzuschätzen
Es kam aber auch darauf an, in welche Richtung sich die Zinsen bewegen. Am besten lagen die Märkte, wenn das Zinsniveau nicht verändert wurde: Hier waren sich die Märkte bereits 24 Wochen im Voraus einig. Auch bei den Zinserhöhungen war die Treffsicherheit hoch: 14 Wochen vor der Entscheidung war den Märkten klar, wohin die Reise geht.

Zinssenkungen ließen sich dagegen deutlich schwerer vorhersagen, sagt Kielkopf: "Zwölf Wochen vor einer Zinssenkung ahnten die Marktteilnehmer im Schnitt noch nichts von dem Cut." Die zu diesem Zeitpunkt erwartete Rate lag mit durchschnittlich 0,6 Prozentpunkten weit über dem dann tatsächlich erreichten Zinsniveau. Erst vier Wochen im Voraus war den Märkten klar, dass es mit den Zinsen nach unten gehen wird.

Zinssenkungen in unsicherem Umfeld
Das liegt seiner Meinung nach daran, dass Zinssenkungen häufig in unsicherem Umfeld stattfinden: "Zinssenkungen erfolgen oft in Krisensituationen, von denen einige Wochen zuvor noch kein Marktteilnehmer etwas ahnt." Ob es auch in diesem Jahr erst das Aufkeimen einer Krise benötigt, um die Fed zum dann akuten Senken der Zinsen zu veranlassen, muss sich seiner Meinung nach erst noch zeigen. (jh)