Am vergangenen Freitag (19. Juni) ist die Frist verstrichen, bis zu der die wichtigsten Gläubiger Argentiniens das Angebot der Regierung für eine Umschuldung hätten annehmen können. Nun hat die argentinische Regierung zwei Optionen, sagt Kim Catechis, Leiter des Bereichs Investmentstrategie bei der Legg-Mason-Tochter Martin Currie: Sie kann zum neunten Mal die Zahlungsunfähigkeit des Landes verkünden – oder die Frist für die Verhandlungen einmal mehr verlängern und damit die Nerven ihrer Gläubiger weiter strapazieren.

Internationale Geldgeber hätten mit dem erneuten Debakel rechnen müssen. Zwar kam Argentiniens derzeitiger Präsident Alberto Fernández im vergangenen Dezember mit dem Mandat an die Macht, die Wirtschaft des südamerikanischen Landes zu stärken. Er fand allerdings bereits schwierige Staatsfinanzen vor sowie ein soziales Gefüge, das von Ungleichheit und wirtschaftlichem Abschwung gezeichnet war, analysiert Catechis. Obendrauf kam im laufenden Jahr dann noch die Coronakrise. "Fernández wird das Los seiner Wähler nicht spürbar verbessern können, weshalb er an Unterstützung verliert", sagt der Experte. "Dabei sitzt ihm seine Vizepräsidentin, die Ex-Präsidentin Cristina Kirchner, im Nacken."

Keine Hoffnung für die Geldgeber
Der argentinische Staat wird sich zunehmend in die Wirtschaft einmischen, ist der Legg-Mason-Stratege überzeugt. Das wird seiner Einschätzung nach die wenigen noch verbleibenden internationalen Investoren vor den Kopf stoßen. "Sie hatten sich von diesem faszinierenden, charmanten, fiebrigen, leidenschaftlichen, aber ewig frustrierenden Land verführen lassen und immer das Beste gehofft", sagt er. "Diese Hoffnung zerrinnt jetzt." Catechis ist sich sicher: "Das Land gleitet in die Bedeutungslosigkeit ab." (fp)