Investoren sollten ihr Rohstoff-Exposure rechtzeitig erhöhen. Denn die Richtung bei den Weltmarktpreisen zeige mittel- bis langfristig wieder nach oben. Davon ist Yanjun Gast, Fondsmanagerin bei LBBW Asset Management, überzeugt.

Ihrer Einschätzung nach sprechen derzeit vor allem drei Faktoren für einen Aufwärtstrend am Rohstoffmarkt: Die wachsende Produktion von Elektroautos, die Stabilisierung der Wirtschaft in China sowie die fortschreitende Realisierung des ehrgeizigen Projekts einer neuen Seidenstraße zwischen China und den etablierten Industriestaaten in Westeuropa.

Guter Einstiegszeitpunkt
Der Zeitpunkt für einen Einstieg in den Rohstoffmarkt ist nach Ansicht von Gast derzeit günstig. "Trotz der Erholung im vergangenen Jahr befinden sich die Rohstoffpreise immer noch auf einem historisch niedrigen Niveau“, betont die LBBW-Fondsmanagerin.

Nach dem Hoch im Jahr 2008 sind die Preise an den Rohstoffmärkten stark eingebrochen. Diese Verluste hätten sie seitdem aber noch nicht wieder aufgeholt. In diesem Jahr notierten die Rohstoffpreise – gemessen am Bloomberg Rohstoffe Index ohne Agrar und Vieh – bislang mit -4,1 Prozent im negativen Bereich. Gast erwartet mittel- bis langfristig allerdings wieder eine positive Entwicklung.

Als einen wichtigen Faktor für den Aufwärtstrend an den Rohstoffmärkten nennt Gast den zunehmenden Einsatz von Elektroautos. Anhand von Angaben der Automobilindustrie geht sie davon aus, dass die Zahl von Elektrofahrzeugen bis 2025 auf weltweit 50 Millionen steigen könnte. Zum Vergleich: Nach Angaben der Internationalen Energieagentur (IEA) waren im vergangenen Jahr erst zwei Millionen Elektroautos auf den weltweiten Straßen unterwegs.

Kupfer und Nickel profitieren vom Elektroautoboom
Laut Gast dürfte die zunehmende Produktion von Elektroautos Auswirkungen auf die Nachfrage nach Kupfer und damit auch auf den Preis des Industriemetalls haben. Das zeige folgender Vergleich: Während für die Produktion eines Wagens mit Verbrennungsmotor rund 20 Kilogramm Kupfer benötigt würden, betrage der Kupferbedarf für die Herstellung eines Hybrid-Autos 40 Kilogramm und eines Vollektroautos sogar 80 Kilogramm.

Hinzu komme der Kupferverbrauch pro Ladestation mit etwa 15 bis 20 Kilogramm. "Allein China plant bis 2020 rund 4,8 Millionen Ladestationen“, berichtet Gast. Sie erwartet zudem eine steigende Nachfrage nach Nickel als wichtigen Bestandteil moderner Batterien für Elektroautos.

Quo vadis, China?
Für die Preisentwicklung von Basismetallen sei auch die wirtschaftliche Entwicklung in China entscheidend. "Wir gehen davon aus, dass es in China eine Stabilisierung und keine harte Landung gibt“, sagt Gast. Die nach den USA zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt legte laut chinesischem Statistikamt im zweiten Quartal 2017 um 6,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu und wuchs damit genauso schnell wie in den ersten drei Monaten dieses Jahres. Gast rechnet damit, dass sich das stabile Wachstum fortsetzt. "Das ist ein wichtiger Faktor, weil China selbst ein großer Verbraucher von Industriemetallen ist“, so Gast.

Zugleich habe China allerdings als Produzent einen großen Einfluss auf die Preisbildung. Aluminium aus dem Riesenreich zum Beispiel mache mehr als Hälfte des weltweiten Angebots aus. "Wenn China, wie angekündigt, seine Aluminiumkapazität um bis zu 2,8 Millionen Tonnen und damit um sieben Prozent der Gesamtkapazität herunterfahren wird, um die Luftverschmutzung einzudämmen, dürfte dies dem Aluminiumpreis Auftrieb verleihen“, so Gast.

Neue Seidenstraße bringt Infrastrukturinvestionen 
Einen Aufschwung für die Rohstoffmärkte erwartet Gast auch durch die Verwirklichung der neuen "Seidenstraße". Auf dem See- und auch auf dem Landweg soll sie China mit den etablierten Industrienationen in Westeuropa verbinden und den Volkswirtschaften entlang dieser Routen positive Impulse verleihen. "Insgesamt leben in den 60 Ländern und Regionen, durch die die Routen führen, 4,4 Milliarden Menschen und damit 63 Prozent der Weltbevölkerung“, berichtet Gast. Sie vereinen 30 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts und 34 Prozent des Welthandelsvolumens auf sich.

Das Projekt sei längst mehr als eine kühne Vision. Allein 2016 seien nach Informationen des Instituts Minsheng Securities im Zusammenhang mit der neuen Seidenstraße Aufträge im Volumen von mehr als 45 Milliarden US-Dollar vergeben und mehr als 30 Milliarden US-Dollar investiert worden – der größte Teil davon in Infrastrukturprojekte. "Diese Investitionen haben letztlich auch einen positiven Effekt für die Rohstoffmärkte“, so Gast. (aa)