"Es ist unwahrscheinlich, dass die Zentralbank in naher Zukunft mit voller Zuversicht sagen kann, dass der Zinsgipfel erreicht ist", sagte EZB-Präsidentin Christine Lagarde am Dienstag (27.6.) beim Symposium der Notenbank im portugiesischen Sintra. "Sofern sich der Ausblick nicht wesentlich ändert, werden wir die Zinsen im Juli weiter erhöhen."

Wie die Nachrichtenagentur "Bloomberg" berichtet, betonte Lagarde in ihrer Rede zum Auftakt der jährlichen EZB-Klausurtagung zudem, die Währungshüter müssten klar kommunizieren, "so lange wie nötig auf diesem Niveau zu bleiben". Dies werde sicherstellen, "dass die Erhöhung der Zinsen nicht die Erwartung einer zu schnellen geldpolitischen Umkehr nährt" und die Maßnahmen ihre "volle Wirkung" entfalten können.

Restriktives Umfeld aufrechterhalten
Die ersten Auswirkungen der geldpolitischen Straffung würden bereits sichtbar, so Lagarde. Dies gelte besonders für die Industrie und das Baugewerbe – Sektoren, die als besonders zinssensibel gelten. Aufholeffekte bei den Löhnen dürften indessen die zugrunde liegende Inflation weiter nähren, gab die EZB-Chefin zu bedenken.

"Angesichts des hartnäckigeren Inflationsprozesses brauchen wir eine hartnäckigere Politik – eine Politik, die nicht nur heute eine ausreichende Straffung bewirkt, sondern auch das restriktive Umfeld aufrechterhält, bis wir sicher sein können, dass diese zweite Phase des Inflationsprozesses überwunden ist", so Lagarde.

Geldmarkt rechnet mit weiterer Straffung
Die Mehrheit der Volkswirte geht davon aus, dass die EZB die Leitzinsen im Juli noch erhöhen, dann bei einem Einlagensatz von 3,75 Prozent aber eine Straffungspause einlegen wird. Am Geldmarkt wird derweil ein Zinsgipfel von rund vier Prozent in diesem Jahr eingepreist.

"Im Moment müssen sich die Notenbanker auf die Seite derjenigen schlagen, die sagen: Wir haben viele Optionen, die Optionen liegen auf dem Tisch, und wir werden weiter erhöhen, wenn es nötig ist", erklärte Ökonom Seth Carpenter von Morgan Stanley im Gespräch mit "Bloomberg TV" und ergänzte: "Ich glaube nicht, dass sie in absehbarer Zeit die Chance haben, den Sieg zu erklären." (Bloomberg/ohm)