Viele Anleihen, die in Niedrigzinszeiten mit einem Mini-Kupon emittiert wurden, notieren infolge der Zinswende an den Börsen weit unter pari. Sind die Rentenpapiere, die zu Kursen von teils deutlich unter 100 Prozent gehandelt werden, nun etwa alle ausfallgefährdet? "Der Anleihenkurs lässt keinen verlässlichen Rückschluss auf die Emittenten-Bonität zu", sagt Volker Schmidt, Senior Portfoliomanager bei Ethenea Independent Investors.

Er nennt als Beispiel die deutsche Staatsanleihe mit Fälligkeit im August 2031 und einem Kupon von null Prozent, die Ende 2022 bei knapp 80 Prozent notierte. "Diese Anleihe hat offensichtlich die gleiche Ausfallwahrscheinlichkeit wie jeder andere Bond desselben Emittenten, und kürzlich emittierte Anleihen mit einem angemessenen Kupon werden zu 100 Prozent gehandelt", so Schmidt. Der Kurs einer Anleihe sei kein eindeutiges Signal für ihre Kreditwürdigkeit, auch wenn ein Kurs von deutlich unter 100 Prozent natürlich auf eine sinkende Bonität hindeuten könne.

Blick auf die Rendite
Am besten ist es, auf die Rendite einer Anleihe zu schauen. Diese berechne den erwarteten Jahresertrag einer Anleiheinvestition und spiegele somit die zukünftigen Kuponeinnahmen sowie die Kursgewinne oder -verluste vom aktuellen Marktkurs zum Rückzahlungskurs von 100 Prozent wider, erläutert Schmidt. "Eine Investition in eine Anleihe mit einem hohen oder einem niedrigen Kupon ist also gleich erfolgversprechend, solange sie die gleiche Rendite, die gleiche Restlaufzeit und das gleiche Kreditrisiko aufweisen", so der Portfoliomanager. "Hohe Kupons sind nicht unbedingt besser als Anleihen mit niedrigen Kupons, aber niedrigen Kursen. Für den Investor sollte es unerheblich sein, ob seine Rendite aus Kupons oder Kursgewinnen besteht", sagt Schmidt. (fp)