Das thailändische Militär hat gestern Abend nach wochenlangen Unruhen das Kriegsrecht verhängt. Es wurde nicht versucht, die Regierung zu stürzen oder die bürgerlichen Freiheitsrechte einzuschränken. Die Bevölkerung scheine es gelassen hinzunehmen, sagt Joep Huntjens, Head of Asian Fixed Income bei ING Investment Management. Wie die politische Auseinandersetzung ausgehen werde, lasse sich allerdings schwer sagen. Die Regierungsgegner wollen einen nicht gewählten Premierminister an die Macht bringen, die geschäftsführende Regierung kämpft darum, im Amt zu bleiben. Es gibt derzeit kein Parlament, das Kabinett ist stark reduziert.

Die Auswirkungen auf Vermögenswerte, insbesondere Lokalwährungsanleihen, seien bislang minimal, sagt Huntjens. Das schwache Wachstum habe zu einem Leistungsbilanzüberschuss geführt, und wegen der politischen Unsicherheiten seien geplante Infrastrukturprojekte zum Stillstand gekommen, wovon Staatsanleihen profitierten. Die relativ geringe Volatilität des thailändischen Rentenmarkts lasse sich durch die Unterstützung durch inländische Anleger erklären, so der ING-Experte. Der thailändische Baht handelt aktuell 0,15 Prozent schwächer als gestern. Die Renditen von Staatsanleihen in lokaler Währung haben sich um nicht einmal einen Basispunkt ausgeweitet, die Renditen thailändischer US-Dollar-Anleihen um null bis zehn Basispunkte. "Wir rechnen nicht mit einer weiteren Kurskorrektur bei thailändischen US-Dollar-Anleihen, da die Verhängung des Kriegsrechts die Instabilität im Land unseres Erachtens nicht erhöht hat", sagt Huntjens.

Eingreifen der Armee war absehbar
Auch andere Investmentgesellschaften geben sich vergleichsweise gelassen. "Das Eingreifen der Armee ist eine unausweichliche Folge der monatelangen politischen Handlungsunfähigkeit und der daraus folgenden Lähmung der Regierung", kommentiert Adithep Vanabriksha, CIO Thailand bei Aberdeen Asset Management. In Thailand sei die Erklärung der jeweils erfolgreichen Armeeführer, die Tage der Einmischung der Armee in die Politik seien vorüber, zu einem rhetorischen Ritual geworden. General Prayuth Chan-Ocha habe verlegen abgestritten, die Einführung des Kriegsrechts sei auch dieses Mal wieder gleichbedeutend mit einem Putsch, den das Land in den vergangenen 50 Jahren etwa 20 Mal gesehen habe. "Nachdem die Politik keinen Kompromiss finden konnte, könnte die Armee nun eine Lösung sein – aber was diese Lösung bedeutet, ist schwer absehbar", so Vanabriksha.
 
Insgesamt sei es möglich, dass die derzeitigen Unruhen noch hässlicher werden. "Sicherlich steigt daher die Wahrscheinlichkeit, dass das ohnehin schon schnell abschwächenden Wirtschaftswachstum sich noch weiter verschlechtert, und mit ihm auch der Aktienmarkt, auch wenn er sich dieses Jahr bisher als sehr robust erwiesen hat", sagt der Aberdeen-CIO. Insgesamt bleibe die Situation vor Ort aber recht entspannt. "Das Leben geht weiter die Geschäfte funktionieren wie gehabt und die Stimmung steht eher auf Vorsicht als auf Alarm", berichtet Vanabriksha. (mb)