Wenn Geldgeber Aktien oder Anleihen von Unternehmen aus klimaschädlichen Branchen abstoßen und stattdessen in nachhaltige Titel investieren, spricht man von "Divestments". In der Fondsindustrie ist das De-Investieren für Umwelt und Klima seit einigen Jahren schwer im Kommen, schreibt die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ). Aktivisten der Initiative "Stop the Money Pipeline“ fordern Banken, Versicherer und Fondsgesellschaften lautstark dazu auf, "Klimazerstörern“ den Geldhahn zuzudrehen.

Das scheint zu wirken: Bisher haben weltweit 1156 Organisationen und 58.000 Einzelpersonen Mittel in Höhe von rund 12,1 Billionen US-Dollar aus bedenklichen Assets abgezogen, berichtet die Zeitung unter Berufung auf das Investoren-Netzwerk "Divest Invest".

Der Grundgedanke spaltet die Fondsindustrie in zwei Meinungslager. Während die einen mit Moral und Umwelt argumentieren, warnen die anderen vor dem Platzen der "Carbon Bubble",  also einer Kohlenstoff-Blase, die zu einem abrupten Verfall der Unternehmenswerte in "schmutzigen" Geschäftszweigen weltweit führen könnte. Wer die gesamtwirtschaftlichen Kosten für solche "Investitionsruinen" trägt (zu denen auch massive Arbeitsplatzverluste zählen), sei nicht geklärt, zitiert die FAZ Thomas Meier, Portfoliomanager bei Mainfirst.

Handel bringt Wandel – oder doch nicht?
Der Anlageprofi hält es für sinnvoller, den grünen Transformationsprozess der Unternehmen zu begleiten, als sich lediglich aus den Investments herauszuziehen – und nennt als Positiv-Beispiel den Energiekonzern RWE. Das Unternehmen wandele sich gerade von einem "problematischen Versorger hin zu einem Vorzeigeerzeuger", sagt Meier.

"Die Wahrheit ist, dass wir auf Sicht der nächsten 15 bis 20 Jahre ohne fossile Energiequellen nicht auskommen werden“, ergänzt Marc Renaud, Gründer der Fondsgesellschaft Mandarine Gestion. Aus Sicht von Value-Investoren liege durchaus Potential in der Bewertung von Förderern und Verarbeitern traditioneller  Energie-Rohstoffe. Obendrein verfügten nur die Big Player über ausreichende Barmittel, um die Energiewende zu stemmen. "Die großen Unternehmen der Ölbranche, die bedeutende Cashflows generieren, sind sich der Notwendigkeit der Energiewende bewusst“, sagt Renaud der FAZ zufolge. Der Anteil ihrer Investitionen sei schon jetzt erheblich.

Ein Verkauf "schmutziger“ Aktiva von A nach B löse das CO2-Problem zudem nicht, konstatiert Renaud. "Die Emissionen blieben bestehen, eben nur unter neuem Namen, möglicherweise mit weniger gründlicher Analyse.“ Es gebe durchaus Ölkonzerne, die unterbewertet seien und eine solide Bilanz aufwiesen, sagt Renaud. Diese ermögliche es ihnen, die Wende zu beschleunigen. "Dieses Element erscheint uns aus heutiger Sicht vom Aktienmarkt ziemlich vernachlässigt“, fügt der Fondsmanager in der FAZ hinzu.

Ali Masarwah, Analyst bei der Fondsratingagentur Morningstar, sieht in "Divestments" dagegen eine gute Lösung, um Unternehmen zum Umdenken zu bewegen, berichtet die FAZ. Natürlich könne man "zehnmal am Tag mit dem Management über den Transformationsprozess sprechen", sagt Masarwah. Wenn das am Ende aber zu nichts führe, müsse man sich aus dem Investment herausziehen. (fp/ps)