Alan Supple kennt die Immobilienbranche aus verschiedensten Perspektiven: Von 1999 bis 2003 arbeitete er als Real-Estate-Investmentbanker bei Salomon Smith Barney in New York, danach war er für zwei börsennotierte Immobilienkonzerne tätig. 2008 schließlich wechselte er zu BNY Mellon Asset Management, wo er von London aus Portfolios mit europäischen Real Estate Investment Trusts (REITs) und anderen Immobilienaktien managte. Seit dem vergangenen Jahr ist er wieder in New York. Für J.P. Morgan Asset Management verantwortet er mehrere Immobilienaktienfonds, darunter den JPM Global Real Estate Securities. FONDS professionell ONLINE traf Supple bei seinem jüngsten Besuch in London zum Interview.


Herr Supple, Immobilien sind längst Small-Talk-Thema beim Partygespräch. Fast jeder träumt davon, sich eine eigene oder eine größere Wohnung zu kaufen. Auch offene Immobilienfonds finden reißenden Absatz. Das Interesse an REITs, Immobilienaktien oder entsprechenden Fonds dagegen hält sich im Rahmen. Woran liegt das?

Alan Supple: Viele Menschen lieben an Immobilien, dass es sich um einen realen Wertgegenstand handelt, den sie anfassen können. Bei einem REIT dagegen entfernen sie sich ein Stück weit vom eigentlichen Vermögenswert – das sorgt für eine gewisse Skepsis.

Sie dagegen meinen, dass REITs einen hervorragenden Zugang zum Immobilienmarkt bieten. Warum?

Supple: Mit REITs lässt sich weltweit transparent in professionell verwaltete, breit gestreute Immobilienportfolios investieren – und das verbunden mit attraktiven Dividenden, minimalen Transaktionskosten und täglicher Liquidität.

Als Preis für die tägliche Liquidität müssen Anleger kurzfristig allerdings eine deutlich höhere Volatilität in Kauf nehmen.

Supple: Das eine ist ohne das andere nicht zu haben. Die höheren Kursschwankungen spielen ohnehin nur bei kurzfristigen Investments eine Rolle. Da wird deutlich, dass es sich bei REITs um Aktien handelt. Auf die lange Sicht dagegen kommen die Charakteristika der unterliegenden Vermögenswerte zum Tragen. Für mich macht gerade die Kombination aus Aktie und Immobilie den Reiz aus: Wenn wir einen REIT analysieren, bilden wir uns zum einen eine Meinung zum fundamentalen Wert des Immobilienportfolios, und zum anderen haben wir die Mechanismen des Aktienmarktes im Blick. Wir suchen nach Immobilieninvestments, die an der Börse unterbewertet sind.

Es gibt Fondsmanager, die derzeit explizit die Finger von REITs lassen. Sie meinen, dass die langsam steigenden Zinsen in den USA für diese Titel zum Problem werden könnten.

Supple: Wenn der Markt ein steigendes Zinsniveau erwartet, ist das einerseits schlecht für REITs. Denn dann sinkt der Renditeaufschlag, den ein REIT bietet. Doch es ist keinesfalls so, dass Immobilienaktien bei steigenden Zinsen zwangsläufig unter Druck geraten. Steigende Zinsen können auch ein Zeichen dafür sein, dass die Wirtschaft gesundet, und das wiederum spricht für anziehende Mieten. In den Jahren 2004 bis 2006 beispielsweise erhöhte die Fed die Zinsen, und die REITs legten deutlich an Wert zu.

In der Finanzkrise stürzten Immobilienaktien ab, weil die Unternehmen hoch verschuldet waren und die Angst grassierte, sie könnten sich nicht mehr refinanzieren. Droht ein solcher Schock erneut?

Supple: Nein. In den vergangenen Jahren haben die Immobilienunternehmen ihre Bilanzen bereinigt. Der Kredithebel ist deutlich kleiner als vor der Finanzkrise. Die Sorge, dass steigende Zinsen eine große Zahl an Immobilienkonzernen in Finanzierungsschwierigkeiten bringen könnten, ist daher unbegründet. Die Verschuldung ist heute kein systematisches Risiko mehr.

Wo sehen Sie denn das derzeit größte Risiko in diesem Segment?

Supple: Ein Thema, das die Branche gerade intensiv diskutiert, ist die Zukunft des Einzelhandels. Es entspricht nicht mehr dem amerikanischen Traum, mit dem Auto lange Strecken zurückzulegen, um dann in einer Shopping-Mall einzukaufen. Einkaufszentren in der Innenstadt werden nach wie vor gut frequentiert, aber die riesigen Malls im Grünen stehen vor echten Problemen. Als deutlich attraktiver erachte ich Logistikimmobilien, insbesondere nahe der Innenstadt. Amazon macht große Fortschritte, was die tagesgleiche Lieferung anbelangt. Die Nachfrage nach Logistikimmobilien mit E-Commerce-Bezug ist enorm. Dieser Sektor steht vor einem rasanten Wachstum.

Vielen Dank für das Gespräch. (bm)


Einen ausführlichen Artikel über Immobilienaktienfonds lesen Sie in Heftausgabe 4/2017 von FONDS professionell, die den Abonnenten Ende November zugestellt wird.