Die Nachfrage nach Staats- und Unternehmensanleihen ist ungebrochen, obwohl viele davon mit negativen Renditen gehandelt werden. Die fortlaufende Rally der Anleihekurse birgt damit eine Gefahr für das globale Finanzsystem, warnt der Internationale Währungsfonds (IWF). Die Organisation vermutet, dass Bondportfolios mit einem verwalteten Vermögen von rund 1,7 Billionen US-Dollar in Schwierigkeiten geraden könnten, wenn Anleger in großem Stil Fondsanteile zurückgeben wollen, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ).

Sollte es zu einer Kettenreaktion kommen, wäre die Finanzwelt erneut in existenziell Gefahr, so der IWF. Denn private Anleger sind ebenso wie professionelle Fondsmanager auf der Suche nach Anleihen mit auskömmlichen Erträgen – die gibt es aber nur noch zum Preis höherer Ausfallrisiken. Zu diesen Ramschanleihen gehören zum Beispiel Schuldtitel von Staaten und Unternehmen mit einer schlechten Bonität, aber auch weniger liquide Investments. Pensionsfonds weichen zum Beispiel auf Immobilien oder Private-Equity-Fonds aus. Der Anteil an kurzfristig handelbaren Wertpapieren in den Portfolios vieler Fonds sinkt.

Notverkäufe können Finanzsystem ins Wanken bringen
Der IWF hat in einer aktuellen Studie 1.760 Anleihefonds auf ihre Stressresistenz untersucht und zu seinem eigenen Erschrecken festgestellt: Rund ein Sechstel von ihnen wäre kaum liquide genug, um Anlegern im Falle eines Falles zeitnah ihr eingesetztes Kapital zu überweisen. Notverkäufe von Fondsmanagern könnten die Preise der Schuldtitel ins Bodenlose stürzen lassen und – ähnlich wie bei offenen Immobilienfonds zu Beginn der globalen Finanzkrise 2009 geschehen – weitere Unsicherheitswellen bei anderen Anlegern auslösen, schreibt die FAZ über die IWF-Studie.

Der Währungsfonds empfiehlt deshalb zum Beispiel Vorgaben für eine höhere Bonität der Anlagen für Rentenfonds. Großbritanniens Notenbankchef Mark Carney hatte vor einigen Monaten ebenfalls vor einer negativen Entwicklung bei Anleihefonds gewarnt. Investmentfonds, die illiquide Anleihen halten, Investoren aber eine tägliche Handelbarkeit und Rückgabemöglichkeit ihrer Fondsanteile suggeerrierten, seien ein "Lügengebilde", zitiert ihn die Zeitung. (fp/ps)