Die US-Notenbank wird im Juni wohl eine Zinspause einlegen. Dennoch stehe die Höhe der Leitzinsen weiter im Mittelpunkt, während die verschiedenen Zentralbanken versuchten, ein Gleichgewicht zwischen Wachstum, Inflation und Arbeitslosigkeit zu erreichen, meint Peter de Coensel, CEO von Degroof Petercam Asset Management (DPAM). Er rät Anlegern, den Blick aber auch auf andere Dinge zu richten: "Drei weniger offensichtliche Faktoren werden sich längerfristig auswirken – sie erfordern aber schon heute Aufmerksamkeit."

Als ersten Punkt nennt er die Gewichtung von Schwellenländeranlagen. Geld- und fiskalpolitische Eingriffe hätten gegen die Auswirkungen von Pandemie und Energiestress gute Dienste geleistet. In einer politisch fragmentierten Welt könnten diese Rezepte aber an Wirksamkeit verlieren, sobald die Handelsströme destabilisiert werden. "Die Aussichten für die Märkte der Industrieländer könnten daher gegenüber den Chancen verblassen, die sich in den Schwellenländern ergeben", so de Coensel. Politische Stabilität und verlässliche Rechtsstaatlichkeit vorausgesetzt, könnten die Schwellenländer mehr Chancen haben. "Entsprechend sollten Anleger handverlesenen Staatsanleihen, Kreditanleihen und Aktien aus Schwellenländern viel mehr Aufmerksamkeit widmen", rät der DPAM-Chef.

Währungen und Klimawandel
Währungsgewichtungen nennt de Coensel als zweiten Punkt. "Wir beobachten den Niedergang der Hegemonie des US-Dollar als wichtigste globale Reserve- und Handelswährung. Sein Anteil an den weltweiten Reserven ist rückläufig", erläutert der Investmentstratege. Die von den USA verhängten Sanktionen hätten viele ausländische Zentralbanken dazu veranlasst, Dollar-basierte Vermögenswerte abzustoßen, nicht zuletzt liquide US-Staatsanleihen. Andere Reservewährungen wie Euro, Yen oder Yuan hätten von dieser Realität indes nicht profitiert. "Der große Gewinner war Gold", stellt de Coensel fest.

Den dritten Punkt überschreibt er mit "Geschäftsmodelle für den Klimawandel". Die Beschaffung von sauberer Energie als wichtigstem Inputfaktor werde sich zu einem entscheidenden komparativen Vorteil in allen Branchen entwickeln, einschließlich der Rohstoff- und Materialsektoren. "Grüne Rohstoffe, die mit sauberen und umweltneutralen Methoden hergestellt werden, werden zum Mainstream", so de Coensel.

Über neue Paradigmen nachdenken
In Kombination bildeten die Ereignisse oberhalb und die Strömungen unterhalb der Oberfläche keine einfach zu lösende Gleichung. Wenn man das Trio der Unterströmungen mit den Bewertungen der Währungs-, Zins-, Kredit- und Aktienmärkte vergleiche, könne man aber zu überraschenden Schlussfolgerungen gelangen, meint de Coensel. "Es ist an der Zeit, über neue Paradigmen für die Asset-Allokation nachzudenken und diese möglicherweise zu testen." (fp)