Experten haben viele Gründe dafür parat, warum der Goldpreis in den vergangenen Monaten gestiegen ist. Anleger flüchteten bei Marktturbulenzen gern in das Edelmetall, lautet etwa eine beliebte Begründung. Auch die Angst vor Inflation wird oft als Argument für einen steigenden Goldpreis herangezogen. Nach Einschätzung von Mirko Kohlbrecher, Investmentstratege bei Spiekermann & Co., ist es dagegen vor allem der Realzins, der den Preis des gelben Metalls beeinflusst, also die Verzinsung von Geld nach Abzug der Inflation.

Eine historische Betrachtung zeigt: Wenn der Realzins beispielsweise teuerungsbedingt sinkt, kann der Goldpreis deutlich zulegen. Das war etwa in den Jahren 2008 bis 2013 der Fall. "Als der Realzins von drei auf minus ein Prozent fiel, katapultierte es den Goldpreis von 800 auf 1.800 US-Dollar", sagt Kohlbrecher. Das gleiche Phänomen meint er ab Ende 2018 erkannt zu haben. "Wir sehen einen klaren Zusammenhang", betont er.

Schlimmer geht immer
Schaut man sich den aktuellen Zins an, könnte man glauben, dass es gar nicht weiter abwärts gehen kann. Demnach wäre die Gold-Rally nun an ihrem Ende angelangt. "Der Realzins war noch nie so negativ wie jetzt", sagt auch Kohlbrecher. Aber: "Das heißt nicht, dass er nicht noch weiter fallen kann." So dachten viele Anleger bereits im Jahr 2010, als der Zins nach Abzug der Inflation bei 0,5 Prozent lag, dass nun das untere Ende des Möglichen erreicht sei. Wie man heute weiß, stimmte das nicht, es ging vielmehr noch deutlich tiefer. "Auch jetzt sind Überraschungen möglich", sagt der Stratege – nicht nur beim Realzins, sondern auch beim Goldpreis. (fp)