Guy Wagner, Investmentchef bei BLI – Banque de Luxembourg Investments, ist skeptisch gegenüber den US-Megacaps. Die Segmente, die derzeit die Aktienindizes nach oben ziehen, hält er für teuer. Während er Anleger, die Aktien der "Magnificent Seven" besitzen, vor zunehmenden Risiken warnt, sieht er aktive Fondsmanager in einem Dilemma.

Fantasie wichtiger als Fundamentaldaten
Wagner sagt: "Bei den großen Technologiewerten könnte man natürlich argumentieren, dass sie die großen strukturellen Themen wie Digitalisierung oder künstliche Intelligenz besetzen, sehr solide Bilanzen aufweisen, ihre Aktien zurückkaufen und in der Regel von kompetenten Leuten geleitet werden." Oft höre er auch, dass die massiven Investitionen der Unternehmen ihre Ergebnisse belasten und ihre Bewertungen künstlich aufblähen. Das stimme alles, so Wagner – und zwar heute genau wie Ende 2021: "Das hat die Kurse der 'Magnificent Seven' damals jedoch nicht davon abgehalten, 2022 um 45 Prozent zu fallen", so der Anlageexperte.

"Die Fundamentaldaten und insbesondere die Bewertung werden weniger wichtig", beobachtet er. Für eine gute Geschichte seien Anleger bereit, jeden Preis zu zahlen. Auch die Diversifizierung verliere in einem "Winner takes all"-Umfeld an Bedeutung. Die Kehrseite: Andere, solide Unternehmen wie Nestlé oder Roche leiden im aktuellen Umfeld.

Börse stellt Fondsmanager vor schwierige Entscheidung
"All dies macht das Leben eines aktiven Vermögensverwalters natürlich sehr schwierig", so Wagner. Das Geld seiner Kunden in eine extrem begrenzte Anzahl von Wertpapieren zu investieren, verstoße gegen seine treuhänderische Pflicht, aber eine Diversifizierung könne ihn in Bezug auf die Performance benachteiligen. Wagner sieht das als Dilemma: "Wenn ein Vermögensverwalter die Bewertungen außer Acht lässt, setzt er die Portfolios seiner Kunden sehr hohen potenziellen Verlusten aus, aber wenn er die Bewertungen zu stark berücksichtigt, besteht für denselben Manager ein erhebliches Risiko einer Underperformance."

Passives Anlegen vergleicht Wagner mit einem Momentum-Ansatz. "Man kauft die Wertpapiere, die am stärksten gestiegen sind, mit der impliziten Annahme, dass sie weiter steigen werden." Der Momentum-Ansatz könne lange Zeit über den fundamentalen Ansatz dominieren, irgendwann drohen aber sehr starke Rückgänge, warnt Wagner. Und vor allem Märkte, die sich durch einen sehr hohen Konzentrationsgrad auszeichnen, werden sehr anfällig. (jh)