Die jüngsten chinesischen Wachstumszahlen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) fielen deutlich schlechter aus als erwartet. Die Probleme der weltweit zweitgrößten Wirtschaft und des angeschlagenen Immobilienmarktes dürften auch weiterhin für Unruhe an Chinas Börse sorgen. Allerdings glaubt David Dowsett, globaler Anlagechef bei GAM Investments, dass die Entkopplung der großen Volkswirtschaften so weit fortgeschritten ist, dass die Auswirkungen auf das Wirtschafts- und Finanzsystem der westlichen Industriestaaten begrenzt bleiben.

Seiner Meinung nach muss die chinesische Politik viel aktiver auf die akuten Probleme reagieren – sowohl fiskalisch als auch geldpolitisch. "Wir haben gesehen, wie sich Kreditprobleme im System auftürmten – wir hatten den Zusammenbruch der Schattenbanken", so Dowsett. In massiven Schwierigkeiten stecken auch viele Immobilienunternehmen, allen voran Evergrande und Country Garden. Der Immobilienüberhang drücke sowohl die Nachfrage als auch die Investitionen und wirke sich stärker auf die Realwirtschaft aus als noch zu Jahresbeginn erwartet, erläutert der Experte. 

Entkopplung der Weltwirtschaft schreitet voran
Allerdings hält Dowsett die Risiken für das westliche Finanzsystem und die Konjunktur der Industriestaaten für begrenzt. Und das aus mehreren Gründen: "Meiner Ansicht nach ist der Bankensektor der übrigen Welt nicht stark genug in China engagiert, um eine Diskontinuität zu schaffen", so Dowsett. Zudem sei die Welt heute deutlich weniger globalisiert als vor einigen Jahren und die Weltwirtschaft habe sich zunehmend entkoppelt: "Die beiden größten Volkswirtschaften der Welt sind heute einfach weniger korreliert", so der GAM-Anlagechef. Er hält es durchaus für möglich, dass die USA positiv überraschen, während die chinesische Wirtschaft weiter lahmt. 

US-Wirtschaft gibt den Ton an
Dowsett sagt: "Meiner Meinung nach wird China eine Quelle der Unsicherheit sein, aber es wird die globalen Märkte nicht aus dem Gleichgewicht bringen." Natürlich sei eine schwächere chinesische Wirtschaft für einige Schwellenländer, insbesondere die rohstoffintensiven, nachteilig. Entscheidend bleibe aber das Geschehen in den USA. Daher glaubt Dowsett, dass "die Fed und die Entwicklung der US-Zinsen den wahren Risikoton für den Rest des Jahres vorgeben werden". (jh)