Trotz der Krise in der Ukraine und der restriktiveren Geldpolitik der US-Notenbank Fed bleiben die Aussichten für Staatsanleihen aus den Schwellenländern positiv, sagt Michail Diamantopoulos, Fondsmanager im Team Emerging Markets Fixed Income bei Investec Asset Management. "Das anziehende Wachstum in den USA und China dürfte die Volkswirtschaften der Schwellenländer unterstützen, und auch die makroökonomischen Reformen in vielen Staaten dürften sich langfristig günstig auf die Kreditqualität auswirken", sagt Diamantopoulos. Marktteilnehmer, insbesondere institutionelle Investoren aus den USA, würden ihre derzeitige Untergewichtung demnächst abbauen, erwartet er. Zwar habe das Hartwährungssegment im August zuletzt leicht korrigiert, doch die Verkäufe seien Zeichen eines gesunden Marktes, da die Anlageklasse sich zuvor sehr gut entwickelt habe. "Wir erwarten, dass es bei einer langfristigen Aufwärtsentwicklung auch weiterhin phasenweise zu Gewinnmitnahmen kommt", so Diamantopoulos.

Nach dem Ausverkauf von 2013 hätten viele Zentralbanken der Schwellenländer zur Stabilisierung ihrer Währungen die Zinsen erhöht. Dies habe das Kreditwachstum geschwächt und die Inlandsnachfrage gedämpft. In der Folge habe die Abhängigkeit vieler Schwellenländer vom Wachstum in den Industriestaaten und in China zugenommen. In dieser Hinsicht sei er jedoch vorsichtig optimistisch, sagt Diamantopoulos. Die US-Wirtschaft sei im zweiten Quartal mit einer annualisierten Rate von 4,2 Prozent gewachsen, und auch das chinesische Wachstum habe sich stabilisiert. Schon zeichneten sich die ersten Anzeichen ab, dass auch die Schwellenländer davon profitierten: So habe sich der HSBC Emerging Market Index, ein gewichteter Index der Einkaufsmanager-Indizes in den Schwellenländern, in den vergangenen Monaten verbessert und nun den höchsten Stand seit 17 Monaten erreicht. In einigen Ländern hat das Wachstum bereits angezogen und in Indien, Malaysia und Mexiko sogar die Erwartungen übertroffen.

Leistungsbilanzen haben sich in vielen Ländern verbessert
Zu den größten Unsicherheitsfaktoren für die Schwellenländer dürften neben dem Konflikt in der Ostukraine steigende Zinsen auf dem US-Markt gehören. Dadurch verschärft sich laut Diamantopoulos mittelfristig der Wettbewerb um die internationalen Kapitalströme. "Deshalb beobachten wir diejenigen Schwellenländer genau, die in hohem Maße abhängig von ausländischem Kapital sind", sagt der Fondsmanager. Investoren müssten weiterhin zwischen den einzelnen Regionen differenzieren. So entwickelten sich die Leistungsbilanzen in Asien im mittelfristigen Trend positiv, in Lateinamerika und Afrika südlich der Sahara dagegen eher negativ. Insgesamt sei die Situation aber besser als noch vor dem Ausverkauf zu Jahresbeginn, und auch die Bilanzen der sogenannten "Fragile Five" Indien, Brasilien, Indonesien, Südafrika und Türkei hätten sich verbessert. 

Dennoch erwartet Diamantopoulos keine Rückkehr zu den beeindruckenden Überschüssen, die die Schwellenländer zu Beginn der 2000er-Jahre aufzuweisen hatten. Die Überschüsse der Vergangenheit seien eine Anomalie gewesen, getragen durch das damalige chinesische Wachstumsmodell und den Rohstoff-Superzyklus, die sich jeweils auf einem Höhepunkt befunden hätten.Das für die Schwellenländer zuletzt schwierigere Marktumfeld habe indes in vielen Ländern die Durchsetzung politischer Reformen erleichtert, sagt Diamantopoulos. Er geht davon aus, dass die neuen Regierungen in Indien und Indonesien die Reformargenda ihrer Länder stärken und das Wachstum in diesen Ländern unterstützen werden. (mb)